Raum nicht mit dem Ellbogen schaffen
INTERNATIONALE PÄDAGOGISCHE WERKTAGUNG
10/07/18 Im Spannungsfeld zwischen Individuen und der Gesellschaft als Kollektiv gelte es wachsam zu sein, dass Lebensräume nicht zu „Ellbogenräumen“ verkommen und Menschlichkeit den Kürzeren ziehe, so Erzbischof Franz Lackner bei der Eröffnung der Internationalen Werktagung am Montag (9.7.): „Dieser Tendenz gilt es vehement zu wehren.“
Eine Überlegung des Salzburger Erzbischofs: Ist die Welt nicht bereits ein globalisiertes Dorf geworden und der Plural „Lebensräume“ im Tagungstitel daher obsolet? Er kommt allerdings zu dem Schluss, dass sich bei näherer Betrachtung doch vielfältige Lebensräume ergeben: in der Natur, in der Kirche, in der Gesellschaft. „Raum verträgt Mannigfaltigkeit“, so der Erzbischof.
Die Politikwissenschafterin und Eröffnungsrednerin Kathrin Stainer-Hämmerle näherte sich dem Tagungsthema naturgemäß aus dem Blickwinkel der Politik, die sowohl den öffentlichen Raum als auch das persönliche Lebensumfeld gestaltet. Sie stellte Vergleiche mit der Welt des Sport an, wo es klare Regeln gebe, eine definierte Spieldauer, klare Gewinner und Verlierer und trotzdem ein partnerschaftliches Shake-hands im Anschluss an das Spiel. Die Welt abseits des Fußballrasens sei allerdings gekennzeichnet durch sich stark verändernde Bedingungen, wenig Vorhersehbarkeit und komplexe Zusammenhänge, die unser Leben undurchschaubarer machen. Unsicherheit wiederum führe zu Vertrauensverlust in die Politik und fördere autokratische Tendenzen in einer Gesellschaft.
Eine Politik, die Partizipation zulässt und mit den Bürgerinnen und Bürgern kommuniziert, sollte solchen Entwicklungen entgegenwirken. Es brauche im Zusammenleben gemeinsam gestaltete Räume, in denen sich Menschen begegnen, auf einen gemeinsamen Dialog einlassen, Argumente austauschen, andere Meinungen zulassen und gemeinsame Lösungen finden. „Diese Räume müssen wir von der Politik einfordern, aber selbst mit Leben und Demokratie füllen“, so Stainer-Hämmerle. Den Menschen werde dabei Verantwortung, Vertrauen, Kooperation und die Bereitschaft zu teilen abverlangt. Demokratie gelte es in allen Gesellschaftsräumen zu leben – in der Schule, im Beruf, im persönlichen Gespräch – mit dem Bewusstsein: „Politik kann nicht abgeschafft werden, Demokratie aber sehr wohl“.
Landeshauptmann Wilfried Haslauer erweiterte den Raumbegriff um digitale Räume, die unsere Gesellschaft fundamental verändern. Wissen sei mittlerweile demokratisch geworden und keine Einbahnstraße mehr in Form von Brockhaus-gefüllten Bücherregalen. Neben dem Potential, das den neuen technischen Möglichkeiten innewohnt, dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Google, Facebook und Co. mehr und mehr Zeit gewidmet wird, die an anderer Stelle eingespart werden muss – etwa bei ehrenamtlichen Engagements, bei kreativen Tätigkeiten. Haslauer gibt zu denken: „Was heißt das für die eigenständige Kreativität, für das selbstständige Lernen?“ Die Bildungspolitik sei hier gefordert, mit der Herausforderung dieser kulturellen Veränderungen umzugehen. (IPW)