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Bücher auf dem Operationstisch

REPORTAGE / BUCHRESTAURIERUNG

19/06/18 Sabrina Schaller hat gerade ein Protokollkollbuch des Domkapitels aus dem Jahr 1786 vor sich liegen. Geschickt gehen ihre Finger mit Nadel und Faden um. Es ist ein Hanffaden, der das historische Werk zusammenhalten wird. Ein Besuch bei der Handbuchbinderin im Salzburger Landesarchiv.

Das Salzburger Landesarchiv ist eine wahre Schatzkammer für historische Schriften und Dokumente, manche gehen bis ins Mittelalter zurück. 30.000 Regallaufmeter an Archivgut sind das „Gedächtnis Salzburgs“, wie sie Leiter Oskar Dohle bezeichnet. Um das zu bewahren, gibt es eine eigene Handbuchbinderei. Dort also werkt Sabrina Schaller. Die Mitarbeiterin des Archivs bringt jahrelange Erfahrung mit. Als eine der wenigen ihrer Zunft spricht sie mit einem Funkeln in den Augen über ihre Arbeit: „Ein Buch in der Hand zu halten, das ist etwas ganz Besonderes, fast Magisches.“

Roman-Typ sei sie keiner, „die lese ich nicht“, schmunzelt sie, „aber dafür Fachbücher umso lieber“. Die Buchbinderin geht voll und ganz in ihrem Job auf. „Für mich ist das mehr. Es ist mein absoluter Traumberuf“, betont sie. Die Frage drängt sich auf, ob diese Arbeit nicht manchmal eintönig ist. „Nein, nie. Ich freue mich jedes Mal über ein neues Projekt, klemme mich dahinter, genieße die fast schon meditative Arbeit“, betont Sabrina Schaller. „Keine Restauration ist gleich, das macht es abwechslungsreich.“

Sie richtet die einzelnen Bögen zurecht. Das Wissen der Handbuchbinderin ist so umfangreich wie der Schatz, den sie bewahrt. Industriell gefertigte Ausbesserungsstreifen kommen nur für Werke in Frage, die jünger als hundert Jahre sind. Das sogenannte „Japan-Papier“ ist für Reparaturen von Rissen und kleinen Löchern meist ideal. Welcher Leim verwendet wird, ist die Entscheidung der Expertin. Oft ist es eine Mischung aus Weizenstärke und Wasser, früher wurde Knochenleim verwendet. „Wir experimentieren unter anderem auch, welche Materialen für welches Buch geeignet sind. In dieser Hinsicht ist die Zusammenarbeit mit den Archivrestauratoren-Kollegen besonders wichtig“, so Sabrina Schaller.

Das Erfolgserlebnis für die Handbuchbinderin: „Das Buch, das ich gerade restauriert habe, werde ich zumindest bis zu meiner Pensionierung nicht mehr sehen.“ Sisyphos lässt freilich grüßen: „Es ist völlig unrealistisch, alles im Salzburger Landesarchiv restaurieren zu können, es sind so viele Bücher und Dokumente. Ich arbeite mich von Projekt zu Projekt, das motiviert mich. Und es geht ja nicht nur um Werke, die schon im Archiv sind, es kommen fast täglich neue dazu.“

Obwohl schon so viele historische Schätze durch Sabrina Schallers Hände gegangen sind, hat sie nach wie vor einen Berufstraum: „Einen Prunkeinband zu restaurieren, das wäre es. Ich finde die Leistungen der Buchbinder von damals einfach fantastisch, sie waren ihrer Zeit voraus. Das sieht man daran, dass sich an meinem Handwerk in einigen Jahrhunderten nicht wirklich viel verändert hat. Was damals funktionierte, tut es auch heute noch.“ (Landeskorrespondenz)

Bilder: Land Salzburg / Melanie Hutter

 

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