Viel mehr bemalte Leinwand gehört jetzt wirklich uns
HINTERGRUND / KUNST-ÜBERTRAGUNG
10/03/17 So ein Bundesminister aus Wien muss sich sehr wundern, wenn er in die Provinz fährt und ihm das Landes-Selbstbewusstsein wie ein Föhnsturm entgegen weht. Da sprach Landeshauptmann Haslauer von einem „Entgegenkommen des Bundes“, der „wohl wisse“, dass er vor zweihundert Jahren mit Salzburg „ein Filetstück“ für Österreich bekommen hat.
Von Reinhard Kriechbaum
Normalerweise schneidet man das Filetstück vom geschlachteten Tier ab, in diesem Fall hat das Filetstück selbst zum Messer gegriffen (oder zur politischen Taktik und juridischen Argumentation). Das Filetstück hat sich nämlich etwas zurückgeholt: 186 Gemälde, die einst dem selbständigen Staat Salzburg, also den Fürsterzbischöfen, gehörte.
Otto Normalbesucher wird wenig merken von der Transaktion, die heute Freitag (10.3.) zwischen Kulturminister Thomas Drozda und dem Landeshauptmann mit Unterschrift besiegelt wurde. Die Bilder gehörten zwar dem Bund, also mehrenteils zu den Beständen des Kunsthistorischen Museums, – aber sie hingen sowieso seit je her in der Salzburger Residenz. Manche davon sind sogar richtig prominent, etwa der Arche-Noah-Zyklus von Kaspar Memberger. Der gehört uns (dem Land Salzburg) also jetzt wirklich.
Für Außenstehende ändert sich also herzlich wenig. Es ist eine kleine Flurbegradigung, was die Eigentumsverhältnisse betrifft. Die Residenz gehört ja schon länger zu Salzburg (das Gebäude war quasi ein „Geschenk“ des Bundes zum 50-Jahre-Jubiläum der Republik). Das „Innenleben“, also auch die Bilder, wurden damals nicht mitübertragen. Für einschlägig tätige Landesbeamte bedeutete beispielsweise jede Entlehnung für Ausstellungen umfänglichen Schriftverkehr und Dienstreisen nach Wien. Jetzt kann man das vor Ort erledigen.
Das Landesbewusstsein wurde zum Landesjubiläum im Vorjahr bereits mit der Übertragung von Festung, Residenzplatzbrunnen, Mariensäule und den Pferdeschwemmen gestreichelt. Jetzt sind also weitere Kunstwerke – Untertitel der Landeskorrespondenz-Meldung: „mit hohem Identitätswert“ – dazu gekommen. Bundesminister Drozda: Man sei „dem wohlbegründeten Wunsch eines Landes wohlwollend gegenübergetreten“.
Wenige Bilder haben ernsthafte Reisen hinter sich gebracht: Eines aus den Beständen des „Kunsthistorischen“ fand sich in der Österreichischen Botschaft in Lima.
Fürs Belvedere hat Agnes Husslein-Arco 17 Gemälde (vorwiegend Landschaften und Veduten) beigestellt. Stella Rollig, erst seit wenigen Wochen Belvedere-Chefin, kam zur Übereignung also eher wie die Jungfrau zum Kind. „Wir sollen gemeinsam zugunsten der Kunst arbeiten“, betont sie und verweist darauf, dass „die Bestände deutlich größer sind, als wir zeigen können“. Anlässe wie diese böten Gelegenheit, „Bestände neu zu durchforsten“.
Auch Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, ist grundsätzlich offen für die Anliegen aus den Bundesländern: „Es geht auch darum: Wo macht die Präsentation von Kunstwerken Sinn?“ Was sie durchklingen ließ: Es muss ja nicht gleich ein Besitz- und Ortswechsel sein. „Durch die digitalen Möglichkeiten können wir es tatsächlich schaffen, dass Kulturgüter geteilt werden.“
Lob sei also Datenbanken und Digitalisierung. In diese Richtung geht ein ebenfalls heute vorgestelltes Projekt einer „Salzburger Kulturgüterdatenbank“. Innerhalb von fünf Jahren soll eine umfassenden Dokumentation jener Salzburger Kulturgüter entstehen, die bis zum Ende der Monarchie 1918 aus Salzburg nach Wien bzw. in staatlichen Besitz gelangt sind. Zur Umsetzung dieses umfangreichen und ambitionierten Projekts unterfertigten Bundesminister Thomas Drozda und Landeshauptmann Wilfried Haslauer ein „Memorandum of Understanding“. Diese gemeinsame Absichtserklärung von Bund und Land Salzburg zielt auf die Schaffung einer wissenschaftlich fundierten Dokumentation der Salzburger Kulturgüter in Form einer digitalen Datenbank ab. Die Kosten in Höhe von 70.000 Euro pro Jahr werden je zur Hälfte von Bund und Land getragen.