„Es geht um das Glück des Einzelnen“
KULTURPOLITIK / ARBEITSKLIMA-INDEX
26/04/10 Wie zufrieden sind eigentlich Menschen, die in Kulturinstitutionen angestellt sind, mit ihrer Berufssituation? Im Mai wird der „Arbeitsklima-Index“ in der Kulturbranche erhoben. Das Projekt der Salzburger Arbeiterkammer könnte Vorbildwirkung haben für Österreich.Von Reinhard Kriechbaum
„Wie geht es den Menschen, die 'hinter den Kulissen', vom Souffleur bis zum Kartenabreißer?“ - das interessiert nicht nur den Salzburger AK-Präsidenten Siegfried Pichler. Zwei Mal im Jahr wird in Salzburg der Arbeitsklima-Index routinemäßig erhoben, und darüber hinaus gibt es Branchenuntersuchungen (etwa unter Lehrlingen, im Baubereich oder im Einzelhandel). Nun kommt - und das ist durchaus bahnbrechend - die Kultur an die Reihe. „Wir wollen kein Sammelsurium aus Stimmungsbildern“, sagt Siegfried Pichler. Zufriedenheit der Arbeitnehmer, aber auch Defizite in den Arbeitsverhältnissen sollen empirisch erfasst werden.
„Wir ahnen mehr, als wir wissen“, bekräftigt Tomas Friedmann, der Vorsitzende des Dachverbandes Salzburger Kulturstätten. In Österreich gebe es 3,3 Millionen Beschäftigte, „davon sind eine Million in atypischen Arbeitsverhältnissen“. Friedmann erwartet, dass dieses Verhältnis „in der Kultur noch um ein Eck deutlicher zu sehen sein wird“.
Aber eben: Man weiß das bisher nicht so genau, und darum hat die Initiative der Arbeiterkammer auf dem für sie eher untypischen Terrain möglicherweise Pilotcharakter für Österreich. Die Arbeiterkammer Salzburg hat bei der Vorbereitung der Umfrage, die im Mai durchgeführt und ungefähr zweitausend Kultur-Angestellte erfassen wird, auf das Know how des Dachverbands Salzburger Kulturstätten gebaut. Wie kann man Kultureinrichtungen von „normalen“ Geschäftemachern im para-kulturellen Bereich auseinanderhalten? Man sei einen pragmatischen Weg gegangen, heißt es: Es werden die Angestellten jener Institutionen befragt, die öffentliche Fördergelder bekommen. Da fallen zwar einige Bereiche weg (etwa die Buchverlage), aber es ist doch ein breiter Querschnitt an Kultur-Dienstgebern (und eben: Dienstnehmern) erfasst: Das geht von den Festspielen bis zum „Musikum“, vom „Museum der Moderne“ bis zu Kulturvereinen mit einem oder zwei Mitarbeitern.
Es wird dezidiert keine Umfrage unter denen, die sich gerne als Künstler sehen und routinemäßig drüber jammern, dass es hinten und vorne nicht reicht zum Leben. Für den „Arbeitsklima-Index“ befragt die Arbeiterkammer dezidiert jene, die in einem Angestelltenverhältnis stehen. Kulturarbeit auf ehrenamtlicher Basis oder mit Honorarverträgen ist nicht das Thema.
„Es gibt 25 standardisierte Fragen für den Arbeitsklima-Index“, erklärt Hilla Lindhuber, die Bildungs- und Kulturreferentin der Arbeiterkammer Salzburg. Die seien nun also auch für die Erhebung im Kulturbereich entsprechend adaptiert worden. Man hoffe auf einen Fragebogen-Rücklauf von zwanzig Prozent, das entspreche der Antwort-Quote in anderen Branchen.
Was den Dachverbands-Vorsitzenden Tomas Friedmann unter anderem interessiert: Geht es in den Kultur-Institutionen demokratischer zu als in anderen Unternehmen? Sind die Hierarchien flacher oder nicht? „Es geht um das Glück des Einzelnen“, sagt Friedmann. „Arbeit, die Sinn macht, ist ein Grundbedürfnis.“
Mal schauen also, ob sich der Sinn der Kultur auch in entsprechend positiven Antworten niederschlägt. Für Friedmann eine Perspektive: Vielleicht können die Ergebnisse dieser Befragung einfließen, wenn es ums Aushandeln von Kollektivverträgen in Kulturvereinen geht. Auch die Frage des Zusammenhangs zwischen Subventionserhöhungen und dem Einkommen der in der jeweiligen Institution Arbeitenden könnte spannend sein: „Danach fragt bisher kaum jemand.“
Gerhard Zuckerstätter ist Landessekretär der Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport und freie Berufe. Er erzählte in einem Pressegespräch davon, dass er selbst in der Kulturbranche, als Kulissenträger nämlich, Berufserfahrung gesammelt habe. Was ihn am Arbeitsklima-Index auch interessiert: „Inwiefern tragen Kultur-Unternehmen zur Ausbildung bei?“ Manche Lehrberufe würden ja gerade in Theatern noch gebraucht.
Der Arbeitsklimaindex wird in einigen Bundesländern seit 1997, in Salzburg seit 2004 erhoben. Die Kultur-Ergebnisse sind im Herbst zu erwarten.