Allergrößte Ansteckungsgefahr!
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
19/02/15 Wenn Begeisterung ansteckend ist, dann ist Elisabeth Fuchs vermutlich eine Bazillenschleuderiin ersten Ranges. Aber nichts wäre falscher, als die Dame in Quarantäne zu stecken. Man muss sie so oft wie möglich unter die Leute schicken!
Die Besucherzahlen, die Elisabeth Fuchs vorlegen kann, imponieren Jahr für Jahr wieder: 2.440 Abonnements für die Familien- und Teenie-Konzerte, 3.500 junge Leute bei der Kinderfestspiel-Woche im Salzburg Airport, 540 Abonnenten für den Zyklus der Philharmonie Salzburg. Die oft gerne herbei geredete Nachwuchs-Krise mag anderswo stattfinden. In Salzburg nicht.
Vielleicht machen es ja auch die Kleinigkeiten aus, die guten Ideen für diese oder jene Zielgruppe. Da bekommen etwa die Besucherinnen und Besucher der Lehrlingskonzerte (heuer gibt es bereits drei Termine, einen davon als „Schülerkonzert“) einen Code, mit dem sie Musik downloaden können. Das macht man gerne in dieser Generation, das ist cool.
Die Eltern von Schulanfängern können in für das betreffende Kind ein Fünfer-Abonnement gratis beziehen. „Das bewährt sich, die bleiben fünf Jahre dabei“, erklärt Elisabeth Fuchs zu dieser Schulanfänger-Aktion. Als Kulturvereinigungs-Chefin hält sie dort übrigens für Pensionisten ein ähnliches Offert bereit. Für Pensions-Eintreter gibt es drei Konzerte gratis.
Köder zur „klassischen Verführung“ werden auf unterschiedlichen Ebenen ausgelegt. Die CD für die jungen Besucherinnen und Besucher der Kinderfestspiel-Woche im Mai ist ein solches Ding, das nicht nur glänzt, sondern auch unzählige Male tönt. „Mittlerweile legen wir diese CD in 10.000 Exemplaren auf“, sagt Elisabeth Fuchs. „Da erreichen wir unheimlich viele Haushalte.“
Aber letztlich kann keine CD das Live-Erlebnis eines Konzerts oder die Begegnung mit „echten“ Musikern und ihren Instrumenten ersetzen. Deshalb also die Workshop-Angebote bei der Kinderfestspiel-Woche. Wer dorthin kommt, geht erst mal in eines der Zelte im Amadeus Terminal 2, den die Flughafenbetreiber für den Anlass kostenlos zur Verfügung stellen. Die Musikerinnen und Musiker der Philharmonie Salzburg erzählen etwas über die Stücke, die dann im Konzert aufgeführt werden, sie führen ihre Instrumente vor und die Kinder dürfen auch selbst zu spielen probieren. „So etwas geht nur mit einem Ausnahmeorchester“, so Elisabeth Fuchs. Die Orchestermitglieder bekommen sogar ein Coaching für diese Dinge, die ja nicht zum Kerngeschäft eines Musikers gehören.
Es scheint viel positive Wechselwirkung zu geben zwischen dem, was die jungen Hörerinnen und Hörer mitnehmen und den Erfolgserlebnissen auch für die Musiker. Das Wort „Junge“ hat die Philharmonie Salzburg ja schon vor geraumer Zeit aus ihrem Namen gestrichen. Nur mehr ein Drittel der Orchestermitglieder studiert am Mozarteum, die meisten sind Freelancern. Freilich: Als solcher balanciert man immer am Abgrund zum Prekariat. Aber mit dem von der Philharmonie Salzburg initiierten Unterrichts-Netzwerk (zwanzig bis dreißig Musiker aus diesem Ensemble unterrichten) oder mit der Kammermusik-Vermittlung (allein fünf Streichquartette gibt es in den Reihen des Orchesters) kommen die Musiker gut durch, auch wenn es nur 250 oder 300 Euro Gage für ein Abonnementkonzert gibt. Übers Jahr häufen sich die Termine.
Da nehmen also auch die Musiker viel Positives mit. Nicht nur stecken sie ihr junges Publikum mit Begeisterung an. Von der guten Stimmung, die sich gut in Abonnenten-Zahlen fassen lässt, werden sie selber infiziert. Sie hat etwas, diese andauernde Musik-Epidemie.