Eine Verarschung
GASTKOMMENTAR
24/03/14 Dieses Wort fällt dem Salzburger Architekten Max Rieder zum Wettbewerb über die Neugestaltung eines ganzen neuen Stadtteils – des Areals der Riedenburg-Kaserne – ein, wie ihn die Stadt durchgeführt hat. O-Ton des Gastkommentators: „Ein absurd-lächerlicher 'Qualifizierungsvorgang'“.
Von Max Rieder
Nach cirka sechs (!) Stunden Beratung fiel die Juryentscheidung über die Arbeit von 17 Projektanten für einen nachhaltigen, gemischt genutzten Stadtteil mit ca. 360 Wohnungen, Läden, Büros und vielfältiger Wohnmilieus, Park und Kindergarten! Ein absurd-lächerlicher „Qualifizierungsvorgang“.
Diese entwürdigende Jurytätigkeit in der Art und Weise einer sechsstündigen Vorbesprechung am 20. März 2014 über die Tragweite eines Stadtteils in Anbetracht der höchstqualifizierten Teilnehmerteams abzuwickeln, ist unabhängig von einem guten oder schlechten Ergebnis „lächerlich genial“ – also
- fachlich verantwortungslos
- unseriös
- überheblich
- eine Verarschung des inhaltlichen, zeitlichen und finanziellen Engagement aller
- Diskretitierung eines EU-weiten Architekturverfahrens
- einer Stadt wie Salzburg nicht würdig
eben ein skandalöser, bisher unerreichter einzigartiger Vorgang. Daran wird auch ein umfangreiches nachgereichtes Protokoll über die sechs Stunden nicht ändern. Die neue Stadtregierung und die Auftraggeber müssen diese Entscheidung zurückweisen.
Viel Engagement haben die Teilnehmer in den Wettbewerb eingebracht: Der Mindestaufwand, ein solches Projekt auszuarbeiten, sind geschätzte sechs Wochen mit mindestens drei Mitarbeitern, was also bei ca. 1320 Stunden – gerechnet à 40 Euro – einen Aufwand für die Teilnehmer von 52.800 Euro ergibt. Als Verfahrensentgelt bekommen die Architekturbüros 8.235 Euro.
Neben den breiten politischen und oftmaligen medialen Ansagen, die Riedenburgkaserne kooperativ auf Basis eines oder mehrerer Leitkonzepte zu entwickeln und mehrere, vielfältige Architekturhaltungen (im Vorfeld wurde in den Medien/Politik von 4-5 Teams gesprochen) in das Projekt aufzunehmen, einen Entwicklungsdialog mit Anrainern, Stadt und Fachleuten zu ermöglichen, kann jetzt nach Vorliegen eines solch lapidar, beliebigen Vorganges nur von einem „(kooperativen) Scheinverfahren“ also der bewussten Täuschung aller nominierten und renommierten Teilnehmer gesprochen werden.
Das Juryergebnis ist das städtebauliches Leitkonzept unter Einbindung nur eines weiteren Teilnehmers für den Teilbereich Neutorstrasse. Es gibt keine weitere kooperative Bearbeitungsstufe, nur eine (max. zwei) Architekturhaltung bestimmt die nächsten 70 Jahre ein ganzes Stadtquartier mit mindestens 360 Wohnungen, dies ist eine fachlich-politische Entscheidung wie in der Wiederbaufbaunachkriegszeit.
Weder den Auslobern, der Stadt und den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern wird damit eine Grundlage argumentiert gegeben und unterläuft somit die gemeinsamen, zukunftweisenden Absichten den überfälligen Paradigmenwandel des trivialen stadtzerstörenden monofunktionalen Wohnbaues.