Missbrauchter Jazz schlägt zurück
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
21/08/13 Je voller der Mund, desto bitterer kann der Nachgeschmack sein: Der selbsternannte Impresario Johannes Kunz hat Pleite gebaut. Der allerletzte „Salzburger Jazzherbst“ (es wäre der achtzehnte gewesen) wird also nicht mehr stattfinden.
Johannes Kunz, ehemals Journalist und Informationsintendant des ORF, war es dereinst gelungen, Politiker von der Notwendigkeit seines Hobbys zu überzeugen: Kunz war und ist, das muss man ihm zugutehalten, ein leidenschaftlicher Freund des Jazz. Einer, dem diese Musik in der Seele und unter den Fingernägeln brennt. Mit der unkontrollierten, ja blindwütigen Leidenschaft eines Amateurs und schon auch mit einem gerüttelt Maß an Sendungsbewusstsein also hat sich Johannes Kunz einst aufgemacht nach Salzburg, um die Stadt zum Jazz zu bekehren.
In Wien hält sich hartnäckig die Einschätzung, dass Salzburg, gleich wenn die Festspiele zusperren, zum öden Nest werde. Dass die Stadt also im Herbst zur kulturell ausgetrockneten Wüste verkomme: Genau in diese Kerbe schlug Kunz. An Selbstprofilierung interessierte Wirtschafter und Politiker haben seinerzeit auf ihn gehört. Unmittelbar aus dem Landeshauptmann-Budget Schausbergers flossen mithin die ersten hohen Subventionen, und bei der Landesförderung blieb der Jazzherbst bis zuletzt Chef- bzw. Chefinnensache. In der Tourismuswirtschaft hoffte man auf einen willkommenen Input in Sachen „Zwischensaison“.
Das hat von Anfang an nicht wirklich gut funktioniert. Das Salzburger Konzertpublikum lechzte keineswegs nach einem weiteren Festival, und schon gar nicht nach hochpreisigen Events. Jazzlegenden im Großen Festspielhaus (darauf war Kunz vor allem aus) hatten eigentlich niemandem gefehlt. Und die Jazzszene vor Ort war auch schon vor 18 Jahren für eine Stadt von so überschaubarer Dimension bemerkenswert gut entwickelt und lebendig. Da war keine Marktnische.
Das haben auch Wirtschaftstreibende bald so gesehen. Der Altstadtverband (an dessen Spitze in Inga Horny auch eine deklarierte Jazzfreundin steht) war nicht faul und hat seine Version von Festival – „Jazz in the City“ – positioniert. Anfangs überhaupt zeitgleich, dann wochenversetzt: eine Art von Musikfestival, die das lokale Publikum tatsächlich in die Lokale bringt. Viel eher ein Sympathieunternehmen als der „Jazzherbst“ und doppelt gefährlich für Kunz, weil kostenlos.
In Salzburg blies Kunz jedenfalls ein deutlicher Gegenwind entgegen, Bürgermeister Heinz Schaden war sein Freund schon gar nicht. Gar blühend scheinen die Geschäfte auch anderswo nicht gegangen zu sein. Kunz‘ Unternehmen „Vienna Entertainment“ hat nämlich ebenfalls Konkurs angemeldet, einige Wochen vor dem Salzburger Jazzherrbst. Der steht mit 1,17 Millionen in der Kreide. Ein Jazzfestival in Grafenegg, von Johannes Kunz im Vorjahr in einem Pressegespräch als eine Art Schlaraffenland beschrieben, wo für ihn Milch und Honig fließen würden, werde es frühestens 2015 geben, heißt es jetzt.
Was bleibt? Die Erkenntnis, dass die beträchtlichen Förderungen nicht wirklich gut angelegt waren. Eine Lehre aber auch: Ein Festival lässt sich nicht so einfach positionieren, nur weil sich ein Mensch mit Leidenschaft ein solches einbildet. Musik und Umfeld müssen schon zusammenpassen. Jazz gehört seinem Wesen nach nicht ins Große Festspielhaus oder ins Kongresshaus. Letztlich schlägt missbrauchte Musik zurück, ziemlich erbarmungslos.