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Total original

GLOSSE

altVon Reinhard Kriechbaum

27/05/12 Das ist freilich angenehmer / und dazu noch viel bequemer/ als in Kirche oder Schule / fest zu sitzen auf dem Stuhle … Wir sollten es mit diesen Zeilen von Wilhelm Busch halten und für Theater, Oper und schon gar für Barockoper entschieden mehr Lebenslust einfordern.

Nein, nicht auf der Bühne. Da geht es eh halblustig genug zu, wie die diesjährige Pfingst-Oper, Händels „Giulio Cesare in Egitto“, hinlänglich zeigt. Im Gegensatz zu den Musikern, bei deren Gesang und Spiel alles so originalgetreu wie nur möglich sein sollte, genießen die Szeniker ja wohltuende Narrenfreiheit.

Wir im Publikum, fünf Stunden mürbe sitzend, haben viel schlechtere Karten. Wir dürfen nicht wetzen, nicht mal mit Zuckerlpapier rascheln und die Handys müssen wir auch ausschalten. Selbst ein netter Plausch mit der attraktiven Sitznachbarin wird nicht so gern gesehen.

Die Segnungen der originalen Aufführungspraxis sind leider an uns Zuschauern und Zuhörern spurlos vorübergegangen. Keiner Musikologe und Soziologe hat beim Rekonstruieren jemals an uns gedacht. Wie war das in Händels Zeiten? Da ist man zwischendurch mal rausgegangen, hat dann und wann wieder reingeschaut zu vermuteten Arien-Highlights. Nichts da heutzutage: Wir sind verurteilt, uns die ein wenig langwierig in die Gänge kommende Liebe zwischen Julius Cäsar und Kleopatra beinharte 44 Musiknummern lang zu Gemüte zu führen. Aufgefädelt in Stuhlreihen sitzen wir da und verfolgen sprachlos Liebesfreud und Liebesleid.

Dabei wünschen wir uns so sehr ein Logentheater. Dort ein lauschiges Plätzchen! Manches Lamento ließe sich mit einem Schluck Prosecco viel angenehmer goutieren. Und beim Essen und Trinken müsste es nicht bleiben. Für eine Kurtisane täte man gerne auch noch ein paar Euro mehr an der Theaterkasse ablegen.

 

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