Schlachtfest für eine heilige Kuh
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
19/12/11 Ein jeder hat so seine Biotope, deren Erhalt, Pflege und Entwicklung ihm besonders am Herzen liegen. Die Kultur ist in Österreich generell eher ein Anliegen der roten Politik, sogar im jahrzehntelang tiefschwarzen Bundesland Salzburg. Auch im Gemeindebereich hat die Kultur im Ernstfall in den SPÖ- und Grün-nahen Verantwortungsträgern die verlässlicheren Fürsprecher. Man hat das eben erst beim unrühmlichen Spektakel um den „Kubus 2024“ in Tamsweg erlebt (wo die SPÖ freilich den Kürzeren zog).
Ein anderes Feuchtgebiet mit blühenden Pflänzchen kultiviert die ÖVP. Da fallen hinein die Pflege der keltischen Wurzeln unseres Landes, das Hochhalten des Salzburger Hausphilosophen und Wirtschaftsethikers Leopold Kohr, und vor allem alle Belange, die mit dem Nationalpark Hohe Tauern zu tun haben. In der Landesregierung wird das oft und gerne unter „Kulturelle Sonderprojekte“ geführt und dotiert.
In Alfred Winter hatte man dafür einen „Sonderbeauftragten“, sprich: einen Kultur-Beamten, der sich mit Leib und Seele eingebracht hat. Hatte eine kulturpflegerische Institution Alfred Winter an ihrer Seite, dann stand der Gedeih der jeweiligen Absichten außer Frage. Vor allem die ÖVP-Politiker im Land haben ihrem – tatsächlich allen Vertrauens würdigen – Gewährsmann so gut wie jeden Wunsch von den leuchtenden Augen abgelesen.
Da ist ganz viel Positives geschehen. Es gäbe wohl das Keltenmuseum nicht in dieser Form, hätte Alfred Winter nicht als (ab den späten siebziger Jahren) dem für die Landesausstellungen Verantwortlichem das Thema so sehr unter den Fingernägeln gebrannt. Auch der ethnologische „Unterbau“ zum Nationalparkgedanken fand in Winter einen unermödlichen Förderer und Vorantreiber, Stichwort „Tauriska“. Übrigens: Auch die ARGEkultur und die ehemalige „Szene der Jugend“ hatten in Winter einen Fürsprecher, auf den auch solche Politiker und Subventionsgeber hörten, die ihre Ohren nicht gerade an den zarten Stimmchen der Jugendkultur in Salzburg hatten.
In diesem Sinne hat Alfred Winter den Begriff und seine Amtsstelle „Kulturelle Sonderprojekte“ zu so etwas wie einer heiligen Kuh im Lande gemacht. Wirklich gemacht, nicht künstlich hochstilisiert. Das muss man klar sagen.
Wenn jetzt, da Alfred Winter in Pension geht, der Dachverband Salzburger Kulturstätten zum großen Halali auf diese heilige Kuh bläst, hat das freilich auch seine Berechtigung. Der Nationalparkgedanke ist bestens entwickelt, das Selbstbewusstsein für die regionale Vielfalt und die kulturellen Besonderheiten im Kleinen ist ausgeprägt. Um das „Wir“ im großen Europa brauchen wir uns nicht die geringste Sorge zu machen, eher stünde ein landesamtlich geförderter Impuls, ein Sonderprojekt „europäisches Bewusstsein“ an. Gerade weil das Wort EU gerade so sagenhaft unpopulär ist.
Die Dachverbands-Attacke auf die Landes-Amtsstelle „Kulturelle Sonderprojekte“ hat auch finanzielle Gründe. Alfred Winters Einrichtung war und ist immer gut für einen zweites Subventionsgleis. Wer etwas veranstalten will, was auch nur einigermaßen passt, der reicht nicht nur in der Kulturabteilung (die politisch dem „roten“ David Brenner untersteht) ein. Eine Vorsprache bei Alfred Winter sichert auch einen Draht in Richtung Schwarz und damit im günstigen Fall auch ein paartausend Euro Zubrot.
Der Dachverband hat also recht: Das ist im Detail undurchsichtig, eine verwaltungs- und subventionstechnische Flurbegradigung wäre anzustreben. Und ob überhaupt eine Kulturmanagerin – Elisabeth Resmann heißt sie, und sie ist bisher selbst in Insiderkreisen so gut wie nicht bekannt – einen Feuergeist wie Alfred Winter ersetzen kann und soll?