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Die Fahne hoch!

KOMMENTAR

altVon Reinhard Kriechbaum

20/09/11 Da hat sich also ein alter Knacker in eine Fernseh-Talente-Show im ORF-Hauptabendprogramm verirrt. Der – blauäugige oder hinterfotzige? - Junge mit der Mundharmonika hat eine Melodie angestimmt, die Jahrgangs-Genossen als Horst-Wessel-Lied identifiziert haben.

Der Schreiber dieser Zeilen hat im Fitnesstudio, am Crosstrainer strampelnd, die Passage auch mitbekommen. Und, ich gebe es zu, nichts bemerkt. Keinen Gedanken habe ich an die Melodie verschwendet. Natürlich kenne ich das Horst-Wessel-Lied, als Film- und Theatermusik. Zum aktiven Melodien-„Schatz“ zählt es nicht. Ist das nun gut oder schlecht?

Liest man zum aktuellen Vorfall im ORF Stellungnahmen in diversen Internet-Foren, so taucht – durchaus nicht unberechtigt – ein Argument auf: Woher sollte man als Nachgeborener das Lied eigentlich kennen? Das Lied zu singen, ist verboten. Es rutscht damit aus dem Bewusstsein. An den Regie- und Redaktionspulten im ORF sitzen unterdessen ausschließlich Nachgeborene. Selbst der Ultra-Senior in der Jury, der 1947 geborene Zirkusmensch Bernhard Paul, hat das Horst-Wessel-Lied nicht mehr live singen hören.

So rasch also holen einen Defizite im Wissen um die Zeitgeschichte ein. Was lernen wir daraus? Die marginale Begebenheit ist ein starkes Argument für die Erinnerungs-Kultur. Auch wenn es Generationen, die nicht mehr dabei waren, nervt – das Wachhalten, das Sensibilisieren ist notwendig.

Der zweite Schluss: Verbote bringen gar nichts, sie dienen nur dem (aktiven) Verdrängen oder dem (passiven) Vergessen. Das Nicht-Kennen von Nazi-Symbolen erleichtert es einschlägigen Kreisen, Gedanken zu infiltrieren, ohne dass sofort ein Aufschrei erfolgt. Da sind strohdumme Äußerungen unserer Finanzministerin wie jüngst der Vergleich zwischen vermeintlicher „Hetze“ auf die Reichen mit der jener gegen Juden im Dritten Reich völlig harmlos, weil für jedermann sofort durchschaubar.

Und welche Lehre ziehe ich persönlich aus der Sache? Noch diese Woche wird das Horst-Wessel-Lied repetiert! Und die „Sozialistische Internationale“ auch gleich dazu, weil die habe ich heute zu pfeifen versucht und auch nicht mehr zusammengebracht.

Eine sehr ausführliche und solide Basis-Information über das Horst-Wessel-Lied findet sich in Wikipedia.  

 

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