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Ich werde Orden-Klempner!

GLOSSE

altVon Reinhard Kriechbaum

23/08/11 Gleich im nächsten Leben werde ich Orden-Klempner. Es muss ein toller Beruf sein, nur im Sommer, da wird es eng. Da drohen Stress und Herzinfarkt. Aber man kann ja das Jahr über fleißig hämmern und klopfen, versilbern und vergolden, gravieren und ziselieren. So wie es offenbar die Haus- und Hof-Lieferanten von Stadt, Land, Festspielen, Wiener Philharmonikern und all jener anderen größeren und kleineren Institutionen halten, die in diesen Tagen und Wochen geradezu einen Regen an Ehrenzeichen auf mehr oder weniger berufene Menschen niedergehen lassen.

Eben jetzt wird das Füllhorn höherer Ehre wieder besonders großzügig ausgegossen. Das hat am vergangenen Freitag (19.8.) damit begonnen, dass Daniel Barenboim den Toleranzpreis der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste bekommen hat – einer Einrichtung, die eigentlich aus gar nichts anderem besteht außer einer goldenen Rektorenkette und einem Tresor mit vielen solcher Ehrenzeichen.

Gestern Montag (22.8.) hat sich die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor eingebracht und der Festspielpräsidentin die Clemens Krauss-Medaille in Silber überreicht. Meist geht diese zwar an Dirigenten und Chorleiter, aber es hat auch schon „Fachfremde“ getroffen, zum Beispiel den früheren Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Mit Josef Kaut wurde auch schon mal ein Festspielpräsident gekürt und 1994 sogar ein amtierender Festspielintendant, Gèrard Mortier.

Heute Dienstag (23.8.) schlagen die Festspiele mit Glanz und Gloria zurück: Da bekommt Norbert Platt, der Präsident von Montblanc International, aus den Händen von Helga Rabl-Stadler die „Festspielnadel mit Rubin“. Man muss aber befürchten, dass sie trotz rotem Edelstein nur halb so sehr glitzert wie der Max-Reinhardt-Pen, um den die Regisseure heuer zum zehnten Mal beim Young Directors Project (das von Montblanc so treu wie finanzstark gefördert wird) rittern. Heuer darf man sich auch als Zuseher berechtigte Hoffnungen machen, weil die meisten Projekte sind ja solche, in denen (angeblich) das Publikum die Form der theatralen Erscheinung maßgeblich mitbestimmt. Mal abwarten, vielleicht gibt es ja morgen, Mittwoch (24.8.) eine Überraschung. Wenn einer von uns Amateur-Mitspielern den Füllfederhalter davonträgt, werden die Regisseure betroppetzt dreinschauen.

Thomas Oberender, der scheidende Schauspielchef der Festspiele, kommt ebenfalls morgen Mittwoch (24.8.) dran: Er bekommt das Große Verdienstzeichen des Landes Salzburg. Die gleiche Auszeichnung ist vorige Woche Claus Guth, dem Regisseur jener drei Mozart-Opern, die heuer auf dem Spielplan stehen, übergeben worden. Für den Dirigenten und Komponisten Pierre Boulez war schon ganz am Beginn der Festspiele das Ehrenzeichen des Landes Salzburg abgefallen, und das Große Verdienstzeichen des Landes gibt es am kommenden Freitag (26.8.) für den Schauspieler Gert Voss.

Riccardo Muti ist vor zwei Wochen von den Wiener Philharmoniker zum Ehrendirigenten ernannt worden. Kann es sein, dass der Siebzigjährige, der seit vierzig Jahren bei den Festspielen mitmischt, bisher nicht mal ein kleines Plaketterl von Stadt oder Land hat? Das Salzburg-Wiki nennt bloß das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Auf die die Silbermedaille des Salzburger Mozarteums wird dort überhaupt vergessen! Darüber wird Muti, den die Queen zum Knight Commander of the British Empire gemacht und dem sogar Vladimir Putin einen post-sowjetischen Freundschaftsorden umgehängt hat, der Birgit-Nilsson-Preis 2011 kaum hinwegtrösten. Auch wenn diese Auszeichnung vom schwedischen König überreicht wird.

 

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