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Jean Ziegler und das schlechte Gewissen

GASTKOMMENTAR

Von Hans Holzinger

05/04/11 Der Rückzieher des Landes Salzburg, Jean Ziegler als Redner für die Salzburger Festspiele 2011 einzuladen, hat hohe Wellen geschlagen. Wir sind froh, dass in diesem Zusammenhang in zahlreichen Medien das Engagement Zieglers für die Überwindung von Hunger und globalen Unrechtsstrukturen gewürdigt und dabei auch klargestellt wurde, dass sich Ziegler längst von el Gadafi distanziert hat (z. B. Süddeutsche Zeitung 5. 3. 2011). Anders als etwa Ölfirmen, die bis zuletzt gute Ölgeschäfte mit dem libyschen Regime gemacht haben.

Es war ein mutiger Schritt, dass die Salzburger Landesregierung auf Vorschlag der Robert-Jungk-Stiftung dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung 2008 den Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung verliehen hat. Es war ein noch mutigerer Schritt der Landeshauptfrau, ihn bei den Salzburger Festspielen zu Wort kommen lassen zu wollen. Ein Schritt, den keiner ihrer Vorgänger je gewagt hätte. Sie ist nun – so ist zu befürchten - an den Widersprüchen des Systems gescheitert. Der Grund für die erneute Ausladung liegt wohl tiefer als die kolportierten Befürchtungen.

Ein Wirtschaftssystem, das laut World Wealth Report 2010 zehn Millionen Dollarmillionäre zulässt, während eine Milliarde Menschen an Hunger leidet, erfordert ein hohes Maß an Verdrängungsleistung – gerade vieler Festspielgäste und mehr noch jener Konzerne, die sie sponsern. Jean Ziegler hätte – einmal mehr – an dieses zu Recht schlechte Gewissen erinnert. Das ist unangenehm.

Doch um es mit der großen Österreicherin Ingeborg Bachmann zu sagen: „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar“. Nur so hat die Humanität eine Chance. So ist der Vorfall ein Lehrbeispiel oder Spiegel für unsere kollektive Schizophrenie, die das Leid in der Welt permanent abspalten muss. Jene Menschen, für die Ziegler sich einsetzt, haben freilich ohnedies andere Sorgen als Salzburgs erneuten Festspieleklat.

Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Stiftung Salzburg, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Am Dienstag (5.4.) nachmittag hat der Soziologe, Globalisierungskritiker und Buchautor Jean Ziegler in einem Telefonat mit Cyriak Schwaighofer bestätigt, dass er am Tag der festspieleröffnung – 27. Juli – in Salzburg sein wird und tatsächlich eine Rede hält.
Als Veranstalter wird ein breites Bündnis von Künstlern und Künstlerinnen, Kultur- und Kunstinitativen sowie NGOs auftreten, darunter der Dachverband Salzburger Kulturstätten und die Robert-Jungk-Bibliothek.
Der Veranstaltungsort steht noch nicht fest, ebenso wenig die genaue Uhrzeit. Voraussichtlich wird die Veranstaltung am Abend stattfinden, um auch berufstätigen Menschen den Besuch zu ermöglichen. (Die Grünen)

 

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