Künstlichen Schnee gibt es – künstliche Köche nicht
GLOSSE
Von Werner Thuswaldner
16/11/16 Die Seilbahnwirtschaft geht jedes Risiko ein. Das Land wird von einem dichten Netz an Aufstiegshilfen überzogen. Bald wird die geringste Lücke geschlossen sein. Der Gast will das so, heißt die Erklärung dafür, und die Banken geben den Kredit. Am Pistenrand stehen die Kanonen und sorgen für einen schmalen weißen Streifen, der sich von den Bergeshöhen hinunter ins Tal zieht. Sie werden so lang neben der Piste stehen, bis dort wegen des Klimawandels die Palmen wachsen.
In den vergangen Jahren hat sich der Wintertourismus an den eigenen Rekorden des Liftausbaus begeistert und in eine Euphorie hineingesteigert. In diesen Tagen wacht er mit Schrecken auf und bemerkt: Es braucht außer Liften und Kunstschnee noch etwas. Keiner scheint daran gedacht zu haben, weder die Herren in der Wirtschaftskammer, die nichts tun als den ganzen Tag über Probleme nachzudenken, noch die Wirte, dass die Touristen auch etwas essen wollen. Schlagartig erweist sich der Mangel an Köchen als genauso bedrohlich wie der Mangel an Schnee. Siebenhundert sollen im Pinzgau und im Pongau fehlen. Nebenbei bemerkt: In Wien fehlen gleich zweitausend! Dort herrscht schon Hungersnot. Dass die Touristen die eigene Jause mitbringen, kann man höchstens von Tagesbesuchern verlangen. Also, was tun? Knifflige Frage, zumal die Köche aus Sachsen und Ungarn ohnehin schon angeheuert worden sind und längst auf den Berghütten die Notversorgung sichern.
Das Problem ist übersehen worden. Schuld ist wieder einmal das Fernsehen, das neben der Lösung von Mordfällen das Kochen zum wichtigsten Thema überhaupt erklärt hat. Es entstand der falsche Eindruck, landauf, landab werde unentwegt gekocht. Zwölf Sendereihen widmen sich – die meisten davon täglich – ausgiebig diesem Thema. Der Sättigungsgrad ist bereits überschritten. Und die Buchhandlungen überleben schon seit längerem durch den Verkauf von Kochbüchern.
Also wird nichts Anderes übrigbleiben, als den Schifahrern, wenn die abends in die Hütte kommen, anstatt sie an einen gedeckten Tisch zu setzen, den Fernseher einzuschalten. Bestimmt läuft eine Sendung mit prominenten Köchen, die behände in den Töpfen rühren. Wer genügend Phantasie hat, wird womöglich satt davon.