Nazipferdefänger
STICH-WORT
08/08/15 Es rauscht gerade durch den deutschen Blätterwald, was auch hierzulande in schöner Regelmäßigkeit ein Thema ist: Josef Thorak. In Salzburg ist nach ihm nach wie vor eine Straße benannt. Und der „Paracelsus“ steht so wie der „Kopernikus“ recht unverdächtig da.
Von Reinhard Kriechbaum
Bei unseren Bayerischen Nachbarn hat die „Süddeutsche“ die aktuelle Causa ins Laufen gebracht: Auf einem Schulhof ist ein Bronze-Pferd des NS-Staatskünstlers Josef Thorak entdeckt worden. Die Skulptur – drei Meter hoch, also nicht gerade wenig auffällig – stehe „ohne erläuternde Dokumentation auf dem Schulhof eines öffentlichen Gymnasiums in Bayern, dem Landschulheim Ising am Chiemsee“, tadelt die „Zeit“: „Zwei solcher Pferde übergab der Künstler Adolf Hitler, der sie vor seine Reichskanzlei stellte. Die aggressiv gezeichneten und etwa drei Meter hohen Pferde sollen den Machtanspruch des Dritten Reiches symbolisieren. Mit dem dritten Pferd bezahlte die Familie der Zeitung zufolge die Schulgebühren ihres Sohnes im Jahr 1961.“
Die Nazipferdefänger haben in Sachen Thorak heuer schon einmal zugeschlagen. Die beiden anderen Bronzen – jene, die vor der Reichskanzlei standen – waren nämlich auf dem Schwarzmarkt aufgetaucht und wurden beschlagnahmt.
Thorak wurde 1889 in Wien geboren (Wikipedia liegt da im Gegensatz zum Salzburg-Wiki falsch), aber der Sohn einer Salzburger Buchbinderin wuchs dann doch hier auf. Der Bildhauer starb 1952 in Schloss Hartmannsberg am Chiemsee und ist im Friedhof von St. Peter begraben..
Hitler hielt große Stücke auf Thorak. Der Bildhauer hätte auf dem Walserberg für die damals neue „Reichsautobahn“ zwischen Salzburg und München eine zwanzig Meter hohe Skulptur machen sollen: Das so genannte "Denkmal der Arbeit" hätte vier Giganten zeigen sollen, wie sie einen Felsblock ziehen. Thorak stand auf der 1944 von Hitler erstellten Gottbegnadeten-Liste und obendrein auf der Sonderliste mit den zwölf wichtigsten „unersetzlichen“ bildenden Künstlern der Nazi-Zeit. Natürlich war Thorak 1944 in der Ausstellung „Deutsche Künstler und die SS“ in Salzburg dabei, mit einer Hitler-Büste.
1943 hatte Thorak das „arisierte“ Schloss Prielau am Zeller See erworben und sich für dort von Kajetan Mühlmann, der mit Raubkunst handelte, gotische Türen und Skulpturen aus Frankreich und den Niederlanden besorgen lassen. 1932 hatte Gerti von Hofmannsthal, die Witwe Hugo von Hofmannthals, das Anwesen gekauft und das Schloss restaurieren lassen. Im 2. Weltkrieg wurde die Familie enteignet und Josef Thorak konnte das Schloss an sich bringen. Nach dem Krieg erhielt die Familie von Hofmannsthal ihren Besitz zurück. Seit den 1980er Jahren ist Schloss Prielau im Besitz der Familie Porsche, die es in ein Luxushotel umbaute.
Zurück in die NS-Zeit: Als Dank für die Hilfe beim Schlosskauf revanchierte sich Josef Thorak bei Salzburg unter anderem mit der Skulptur des Paracelsus: jener Statue, die jetzt so dekorativ im Kurgarten steht.
Zur Festspielzeit 1950 gab es eine Thorak-Ausstellung in Salzburg. Die Salzburger Kunsthistorikerin Susanne Rolinek nennt diese Ausstellung in ihrem Katalogtext „… mit ganzer Kraft für die deutsche Kunst“ seine "öffentliche Rehabilitierung". Der Ort der Ausstellung: Es war der Museumspavillon an der Mauer des Zwerglgartens, den Thorak selbst entworfen hat. Gleich daneben steht sein riesiger "Kopenikus", ein Relikt dieser denkwürdigen Ausstellung.
Betrachtet man die Diskussion, die in Deutschland um die Pferde entbrannt ist, könnte man wieder einmal bescheiden drauf aufmerksam machen: Es wäre wirklich hoch ander Zeit, mit dem Straßennamen in Salzburg aufzuräumen. Dass jemand den „Paracelsus“ wegräumte, wagt man ja gar nicht anzudenken. Aber die Herkunft der Statue, die Geschichte mit den Hofmannsthals und Schloss Prielau: Die wenigstens könnte man vor Ort dokumentieren.
Bild: dpk-krie