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EU-Liederbuch

STICH-WORT

11/06/15 Was wird nicht gejammert: Die EU sei in der Hauptsache eine Wirtschafts- und viel zu wenig eine Kulturgemeinschaft. Aber Kopf hoch – und vor allem Ohren auf! Da flattert doch gerade die Meldung herbei, dass es bald ein EU-Liederbuch geben wird. Und ab morgen dürfen wir sogar mitreden, was drin steht!

Von Reinhard Kriechbaum

„Die Österreicher sind das zweite Volk in der EU, das zum Abstimmen aufgefordert ist“, meldet die Grazer Kunstuniversität (KUG). Morgen Freitag (12.6.) beginnt nämlich die einmonatige Online-Abstimmungsphase, welche sechs Lieder in dieser Publikation für Österreich stehen sollen.

Schubert ist unter anderem mit „Am Brunnen vor dem Tore“ vertreten, Beethoven mit der „Ode an die Freude“, Brahms wird uns mit „Erlaube mir, feins Mädchen“ anempfohlen. Mit Rainhard Fendrich und dessen „Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk“ ist er in bester Gesellschaft. Oder doch besser „Liab i di, kriag i di“? „Fein sein, beinander bleibn“ steht auch als Volkslied auf der Liste, und wenn's damit auf EU-Ebene partout nicht klappen sollte, kann man sich immer noch an Hubertus von Goisern klammern: „Weit, weit weg“.

Das EU-Liederbuch sei seit 12 Jahren in Planung, heißt es. Es sei „kein Propagandaprojekt aus Brüssel“, sondern „ganz im Gegenteil: lanciert wurde es von einer gemeinnützigen Organisation aus Dänemark, dem Verein European Union Songbook“.

Dazu sagt Gründer und Vorsitzender Jeppe Marsling (geboren 1974): „Wenn wir, die Bürger der EU, den ernsten Wunsch haben, den Schritt vom volkswirtschaftlichen Austausch - Kohle, Stahl und Fisch - zum kulturellen und sozialen Austausch zu wagen, wenn wir in der Tat dieses Verhältnis auf eine neue Ebene bringen wollen, dann müssen wir alle die EU dementsprechend in Besitz nehmen, da sie in erster Linie uns Bürgern und nicht den Politikern und Bürokraten gehört.”

Über die Motive hinter dem EU-Liederbuch sagt er: “Wir wissen schmerzlich wenig übereinander in der Europäischen Union. Der Austausch von Liedern scheint uns ein direkter Weg aus der Entfremdung zu sein. Wir wollen uns einfach als Europäer kennenlernen".

Die erste Ausgabe des EU-Liederbuches ist für Mitte 2016 geplant. Eventuelle Gewinne werden eine zweite Ausgabe finanzieren, die in allen 24 Sprachen der EU erscheinen soll: „So werden alle, unabhängig von Englischkenntnissen, alle Lieder verstehen und mitsingen können.“

Die bisherige Liederfindung: Heuer im Februar wurden 124 Konservatorien, Universitäten und 200 Chöre dazu aufgefordert, Lieder für das Liederbuch zu nominieren. Seitdem haben um die 1.200 Musiklehrer und -lehrerinnen, Studentinnen und Studentenen und Chorsänger und -sängerinnen den elektronischen Stimmzettel geöffnet und mehr als 3000 Lieder in 19 Sprachen nominiert.

In Österreich wurden folgende Institutionen zur Nominierung eingeladen: Die Kunstuniversität Graz (KUG), die Anton Bruckner Privatuniversität in Linz, das Joseph Haydn Konservatorium in Eisenstadt, das Vienna Konservatorium, das Konservatorium Franz Schubert in Wien und die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Die Stimme des Mozarteums scheint nicht gefragt gewesen zu sein. „An der Kunstuniversität Graz war die Beteiligung am Nominierungsprozess besonders groß“, meldet man von dort mit lokalpatriotischem Stolz.

„Im Laufe der vergangenen zwei Monate haben Studenten und Lehrer von sechs österreichischen Musikakademien insgesamt 441 österreichische Lieder in sechs Kategorien nominiert. Die 48 meistgenannten dieser Lieder sind nun auf dem nationalen Stimmzettel zu finden, der von Helmut Brenner von der KUG Graz redigiert worden ist. Die sechs Kategorien sind in Zusammenarbeit mit 17 Musikakademien in 14 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beschlossen worden und lauten: Liebeslieder, Natur und Jahreszeiten, Freiheit und Frieden, Volkslieder, Glauben, sowie Kinderlieder.

Nach Dänemark, wo im Mai abgestimmt wurde, ist nun also Österreich dran. Vom 12. Juni bis 12. Juli 2015 werden die Österreicherinnen und Österreicher bestimmen, welche sechs Lieder ihr Land im Liederbuch repräsentieren sollen.“ In ein paar Wochen seien die Schweden und Griechen zum Abstimmen dran., heißt es.

Sechs Liedkategorien stehen zur Auswahl: Liebeslieder, Natur und Jahreszeiten, Freiheit und Frieden, Volkslieder, Glauben und Kinderlieder. Und: „Sollte man sein Lieblingslied unter den Auswahlmöglichkeiten auf dem Stimmzettel nicht finden können, gibt es ein Kommentarfeld, in dem man eigene Vorschläge hinterlassen kann.“

Der elektronische Stimmzettel ist in 19 verschiedenen Sprachen zu finden auf www.eu-songbook.org.

 

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