Werteverfall
STICH-WORT
Von Werner Thuswaldner
30/03/10 „Unser Handeln braucht Werte“: Das ist nicht etwa der Spruch einer mittelalterlichen Zunft der Kaufleute. Die Händler handelten, und sie handelten mit Werten. Heinz Fischer, der wieder Bundespräsident werden möchte, findet den Spruch zündend und zieht damit in den Wahlkampf. Ausgedacht hat sich ihn eine Agentur. In Agenturen tummelt sich die geballte Intelligenz des Landes, die nach monatelanger Denkarbeit unter Aufbietung allen zur Verfügung stehenden Hirnschmalzes derlei Allerweltsformeln gebiert.
Aber wahrscheinlich ist es ganz anders. Denn nach Fischer kam seine Konkurrentin Barbara Rosenkranz mit ihrem Leibspruch daher: „Ohne Mut keine Werte“. Nun war es plötzlich ein Dialog zwischen dem Bewerber um die Präsidentschaft und der Bewerberin. Er hört sich an, als würde er von zwei Zombies geführt, die sich mit den letzten Resten an Erinnerung an die Wirklichkeit unterhalten. Jedenfalls ist zu erwarten, dass die Republik nun von einer hitzigen Wertedebatte erfasst wird.
Vielleicht ist das jedoch eine Unterhaltung zwischen zwei Zockern an der Börse über Wertpapiere. Der eine setzt auf langweilige Staatsanleihen, während sie dem Risiko nicht abgeneigt ist und vielleicht sogar Hedgefonds in Erwägung zieht.
Die Unsinnssätze, die nun dem Publikum einige Wochen lang in die Augen springen werden, gehen auf keine Kuhhaut, finden aber, finanziert von einer Menge Steuergeld, leider auf großen Plakatflächen Platz. Sie sind entbehrlich wie nur was und suggerieren den Schluss, dass dies womöglich auch auf das Amt zutreffen könnte.