Händewaschen nicht vergessen!
STICH-WORT
24/04/12 Als „immaterielles Kulturgut“ firmieren eigenwillige Dinge: Das Lied „Stille Nacht“ gehört ebenso dazu wie das (eigentlich strafrechtlich verbotene) Böllerschießen, die Samsonumzüge im Lungau ebenso wie das Heilwissen Pinzgauer Bäuerinnen. Demnächst könnte sogar das „Händewaschen“ auf der UNESCO-Liste stehen.
Von Reinhard Kriechbaum
Alles nur eine Frage des Lobbyings. Im Fall des Händewaschens geht es freilich nicht um die allgemein verbreitete und zum Zweck der Hygiene durchaus anerkannte Maßnahme. Pater Johannes Pausch, Prior des Klosters Gut Aich nahe St. Gilgen am Wolfgangsee, erinnert an das Händewaschen als uraltes benediktinisches Willkommensritual. Pater Pausch wäscht neu eingetroffenen Gästen eigenhändig die Hände. "Es ist eine Form der Lebensqualitätsvermittlung, die so menschlich, einfach und voller Ehrfurcht ist", so der Ordensmann, der es bedauert, dass dieses Traditionshändewaschen sogar unter Benediktinern am Aussterben ist. Drum also jetzt der Antrag, das Ritual auf die UNESCO-Lieste des immateriellen Weltkulturerbes zu setzen.
Der Hintergrund laut Kathpress: Nachdem es außerhalb des Klosters Aufgabe der Sklaven gewesen war, betraute einst der heilige Benedikt von Nursia in der Zeit des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter den jeweiligen Leiter eines Klosters mit der Waschung der Gäste. Auch den Juden und Muslimen waren solche Riten nicht fremd.
Pater Johannes Pausch hat sich der Tradition erinnert und betreibt das Händewaschen als Willkommensgruß für seine Gäste sehr intensiv seit rund zwei Jahren. "Wenn ich ihnen die Hände wasche, dann ist da zuallererst Erstaunen - auch darüber, dass der Chef des Klosters selbst das macht", so der Ordensmann. "Wir begegnen uns dabei auf einer Ebene. Durch dieses Ritual wissen die Gäste: 'Ich bin willkommen.' Dafür reicht nicht immer nur das Wort allein."
Die Rückmeldungen seien positiv, die Menschen zeigten sich berührt – das berichtet auch der Leiter der "Badblumauer Werkstätten", Robert Rogner. Er ist seit Jahren dem Kloster Gut Aich verbunden und hat im Hotel "Rogner Bad Blumau" das Händewaschen ebenfalls als Begrüßungsgruß eingerichtet. Rogner hält's auch angeblich auch bei eigenen Geschäftsterminen so und täte, wie er unlängst in einem Interview sagte, auch Politikern empfehlen: „Ich bin sicher: Das Gesprächsklima wäre sofort ein anderes.“
Und Händeschütteln allein reicht nicht? In einer zunehmend „virtuellen“ Welt drohten Nähe, Berührung abhanden zu kommen: "Mittlerweile reduziert es sich auf 'Hallo' und 'Hi'. Die Beziehung wird schon sehr dünn", so Pater Pausch. Vielleicht werde man bald auch den Händedruck bei der Unesco einreichen müssen, "wenn die Distanzierung und die Angst der Menschen voreinander noch größer wird".