Bier
STICH-WORT
23/04/12 Aus der Anzahl der Kirchtürme in Salzburg könnte man ja auf „Milch der frommen Denkungsart“ als ortsüblich favorisiertes Getränk schließen – aber das hat wohl nie so richtig funktioniert. Die lokale Bier-Geschichte wird, wie nicht anders zu erwarten, zuerst in kirchlichen Urkunden greifbar.
Von Reinhard Kriechbaum
Tagno, so hieß der erste „Praxator“ oder „priumeister“, der namentlich bekannt ist. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts wird er genannt. Andere Männer der ersten Stunde an den Kupferkesseln hießen Gotescalh, Engelbertus, Wernher und Henricus. Ihnen sei heute, Montag (23.4.), am „Tag des Bieres“, herzhaft zugeprostet. Auch einer Bierbrauerin, deren Namen wir leider nicht kennen. Sie hat 1374 in der Dreifaltigkeitsgasse die vermutlich erste bürgerliche Brauerei geführt. War auch ihr Etablissement ein Ort, wo „vil Unzucht und Leichtfertigkeit“ getrieben wurde, „Jungfrauschwechn, Eepruch, Rumor und ander Übl“? Vielleicht wäre ja doch Milchtrinken besser gewesen.
Vom Bier ist hierzulande das erste Mal 1158 die Rede. Erzbischof Eberhard I. lohnt einem Grafen den Schutz seiner Güter auch mit „drei Saum Bier“. Ein Saum war etwa das Gewicht, das ein Saumpferd über die Tauern schleppen konnte. Also schon ein beruhigendes Volumen flüssigen Goldes. Eberhard II. hat 1210 das Stift St. Peter in die Pflicht genommen, drei Mal jährlich den Armen auch „cervisia ad hec sufficiens“ – Bier in ausreichender Menge – auszuschenken. Einer Klosterbrauerei hat es in St. Peter damals wohl gegeben, wenn wir das auch nicht konkret belegen können. Von den Besitzungen von St. Peter musste jedenfalls auch Hopfen in die Zentrale zugeliefert werden.
Im Vorjahr ist in der Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg auch ein Buch über die lokale Geschichte des Bierbrauens erschienen: Wege zum Bier. „600 Jahre Braukultur“. Gerhard Ammerer und Harald Waitzbauer sind die Autoren, die nicht nur Textquellen nach einschlägigen Informationen durchforstet haben, sondern die Leser nun auch Spaziergänge schicken: Sechs Wege auf Stadtgebiet, aber auch „in die Salz- und Bierstadt Hallein“. Und auch eine „Landpartie nach Obertrum“ wäre angesagt.
Im Stadtrecht – spätestens 1368 – war einst festgeschrieben, dass mit dem Läuten der „Bierglocke“ Sperrstunde war in der Stadt. Um die sechs Brauereien gab es in der Stadt selbst – das war der über die Zeitläufte recht stabile Stand vom 14. Jahrhundert bis in die Mozartzeit und darüber hinaus. Derzeit sind es 21 Betriebe, rechnet man die kleinen Gasthausbrauereien dazu. Um die Artenvielfalt braucht einem also nicht bang zu sein.
In Obertrum wird seit Weihnachten 1601 Bier gebraut. Bis 1475 reicht die gesicherte Brauereigeschichte in Kaltenhausen zurück. Die Autoren des Buches erlauben sich den Hinweis, dass der vermeintliche Ort – nimmt man die Schilder an der Bundestraße ernst – ausschließlich die Brauereigebäude umfasst. Na, schlecht?
Ein Kuriosum: Im Mechanischen Theater in Hellbrunn sind auch Bierbrauer am Werk. Das Metall für diese kleine Stadtwerk im Puppentheaterformat kam von einer im Hofbräu Kaltenhausen ausrangierten Braupfanne.
Gerhard Ammerer, Harald Weizbauer: Wege zum Bier. 600 Jahre Braukultur. Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 32, Salzburg 2011. Kart., 240 S., 19.80 Euro. - www.stadt-salzburg.at
Bilder: Stadtarchiv Salzburg