Sieben letzte Worte
STICH-WORT
17/03/21 Der Orchesterdirektor des Mozarteumorchesters Salzburg, Siegwald Bütow, hatte die Idee: Wie, wenn alle acht Bundesländer-Orchester zu Ostern gemeinsame Sache machen und am Karfreitag gemeinsam eine (Über-)Lebensbotschaft verbreiten?
Was könnte passen? Joseph Haydns Sieben letzte Worte unseres Erlösers am Kreuz gibt es in unterschiedlichen Fassungen, für Streichquartett, als Oratorium und für Orchester (das ist die ursprüngliche). Das Werk drängt sich beinahe auf in der Kultur-Leidenszeit. Und praktischerweise sind es eben nicht nur sieben langsame Sätze, sondern auch ein Vor- und Nachspiel. Also geht sich's gut aus mit den acht Länderorchestern, man konnte sogar als neuntes noch das RSO Wien dazu einladen – eine stimmige Lösung, weil ja ORF III die Aufnahme ausstrahlen wird.
„Alle Orchester haben sofort zugesagt und die Idee aufgegriffen“, freut sich Siegwald Bütow. „Es ist eine wunderbare Möglichkeit, gemeinsam ein Zeichen zu setzen, Mut zu machen und gleichzeitig die österreichischen Orchester miteinander zu verknüpfen. Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend, die Aufgabenverteilung optimal. Jeder bringt sich ein und trägt zur Umsetzung bei.“
Joseph Haydns instrumentale Passionsmusik Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz wird von den teilnehmenden Klangkörpern jeweils in Eigenregie als Filmaufnahme produziert und anschließend zu einem Gesamtwerk zusammengefügt, das am Karfreitag, den 02. April 2021, 09:00 Uhr auf ORF III in der Reihe Wir spielen für Österreich ausgestrahlt werden wird.
Die Mitwirkenden setzen mit dieser Aktion ein Zeichen der Hoffnung und des künstlerischen Lebenswillens und signalisieren ihre Solidarität mit allen Kultureinrichtungen in Österreich. Sie verstehen diese noch nie da gewesene Zusammenarbeit als Ausdruck ihres Bestrebens, den Menschen emotionalen Halt, geistige Anregung und Freude zu schenken – besonders in Zeiten geschlossener Kultureinrichtungen.
„Das österreichweite Konzertprojekt des Mozarteumorchesters Salzburg ist ein besonders schönes Symbol des Zusammenhalts und Zusammenstehens“, lobt auch LHStv. Heinrich Schellhorn. Alle Orchester musizierten „mit dem Ziel, das Online-Publikum mit ‚Nahrung für die Seele‘ zu versorgen“. Innovative Formate wie dieses sseien in diesen herausfordernden Zeiten „wertvolle Lichtblicke und Rückenwind, sowohl für die Zuhörerinnen und Zuhörer als auch für die Musikerinnen und Musikern.“
Das Mozaretumorchester hat seinen Beitrag, die Introduktion, in der großen Aula aufgenommen. Natürlich unter seinem Chefdirigenten Riccardo Minasi. Es war ja durchaus eine logistische Herausforderung, in Zeiten die Orchesterchefs an den jeweiligen Aufnahmeort zu bringen. An weißen Flecken in den terminkalendern fehlt es ja nicht, aber die Reisemöglichkeiten sind eingeschränkt. Schließlich kommen die Dirigenten aus aller Herren Länder. Die meisten Orchester spielten an ihren Hauptwirkungsstätten: das Bruckner Orchester Linz (Ltg. Markus Poschner) im Linzer Musiktheater, das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich (Wayne Marshall) im Festspielhaus St. Pölten, der Symphonieorchester Vorarlberg (Leo McFall) im Festspielhaus Bregenz, die Grazer Philharmoniker (Roland Kluttig) natürlich in der Oper, das Kärntner Sinfonieorchester (Nicholas Carter) im Stadttheater Klagenfurt und das Tiroler Symphonieorchester (Kerem Hasan) im Haus der Musik Innsbruck. Marin Alsop und das ORF Radio-Symphonieorchester gingen allerdings ins Schloss Esterházy in Eisenstadt. Zum Schluss – einem veritablen Erdbeben („Il terremoto“) – ist Andrés Orozco-Estrada am Pult der Wiener Symphoniker gewiss recht am Platz. Ums Wiener Konzerthaus muss man nicht fürchten.
Gespielt wird also die Orchesterfassung der Die sieben letzten Worte aus dem Jahr 1787. „Bestehend aus sieben Sonaten mit einer Einleitung und einem Erdbeben am Ende“ – so die Beschreibung auf dem Titelblatt der Wiener Erstausgabe (im original Italienisch). Das Stück war ein Auftragswerk für eine Kirche – nicht die Kathedrale – im spanischen Cádiz. So hat Haydn seinem Biographen die Aufführung in Cádiz beschrieben: „Man überzog an dem bestimmten Tage die Wände, Fenster und Pfeiler der Kirche mit schwarzem Tuche, und nur eine in der Mitte hängende Lampe von großem Umfange erleuchtete das heilige Dunkel. Zu einer bestimmten Stunde wurden alle Thüren verschlossen, und die Musik begann. Nach einem zweckmäßigen Vorspiele bestieg der Bischof die Kanzel, sprach eines der sieben Worte aus, und stellte eine Betrachtung darüber an. Sobald sie geendiget war, stieg er von der Kanzel herab, und fiel knieend vor dem Altar nieder. Die Musik füllte diese Pause aus. Der Bischof betrat zum zweyten-, drittenmale u. s. w. die Kanzel, und jedesmal fiel das Orchester nach dem Schlusse der Rede wieder ein. Es war gewiß eine der schwersten Aufgaben, ohne untergelegten Text, aus freyer Phantasie, sieben Adagios auf einander folgen zu lassen, die den Zuhörer nicht ermüden, und in ihm alle Empfindungen wecken sollten, welche im Sinne eines jeden von dem sterbenden Erlöser ausgesprochenen Wortes lagen.“ So anschaulich das ist – der Komponist war selbst nicht dabei. (dpk-krie)