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Engelinnen und Engel

STICH-WORT

30/11/20 Man nimmt den Begriff Geflügelte Worte heuer ganz wörtlich. Beim Adventkalender in den Fenstern der Universitätsbibliothek geht es diesmal um Engel. Himmlische Boten in der bildenden Kunst und in der Literatur. Oder Botinnen?

Von Reinhard Kriechbaum

Ab morgen Dienstag (1..12.) öffnet sich also täglich ein Fenster im Erdgeschoß der Hauptbibliothek in der Hofstallgasse. Auch im digitalen Adventkalender der Universitätsbibliothek Salzburg kann man jeden Tag ein weiteres Fenster anklicken. Engelsdarstellungen aus der Sammlung der Universitätsbibliothek, aus der benachbarten Kollegienkirche, aus dem Salzburg Museum sowie der Künstlerin K. Schmidinger füllen die Adventfenster.

Dazu gibt es „literarische, heitere, berührende und kritische Texte, Gedichte oder die Anfänge von Kurzgeschichten über diese göttlichen Bot*innen“. Das Gendern mit Stern in der Presseaussendung der Universitätsbibliothek hat in diesem Fall seine volle Berechtigung, denn über das Wesen von Engelinnen und Engeln und schon gar über deren geschlechtliche Zuordnung schweigt sich die Bibel hartnäckig aus. Die Namen der in der Bibel genannten Erzengel (Michael, Gabriel und Raphael) lassen stark auf Männer schließen. Feministische Theolog*innen finden sicherlich kluge argumentative Auswege.

Uriel und die Kollegen Chamuel, Haniel, Jophiel, Raguel, Sariel, Ramiel, Zadkiel halten wir aufs erste Hinsehen auch tendenziell eher für Männer – sie teilen übrigens das Schicksal, nur in apokryphen (in die Bibel nicht aufgenommenen) oder gar erst in späteren Schriften aufzutauchen. Deshalb erkennt die gestrenge katholische Kirche nur Michael, Gabriel und Raphael als Erzengel an. Um weibliche Engel zu finden, muss man schon eher in anderen Religionen suchen. Engel sind ja keine christliche Erfindung. Die Esoterik hält sowieso Engelinnen in großer Zahl bereit.

Über Umwege schließt die (christliche) Theologie auf eine gewissen Geschlechtslosigkeit der Himmelswesen: Da fragten nämlich einst die Sadduzäer (eine besserwisserische Gruppe in den Reihen der Hohenpriester) Jesus, wie das im Himmelreich sein werde mit wiederverheirateten Frauen – welchem der früheren Ehemänner werden sie nach der Auferstehung angehören? Die Antwort: „Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch lassen sie sich heiraten, sondern sind wie Engel im Himmel.“ Also Schluss mit lustig, nichts da mit Mandl und Weibl. Klingt eher nicht nach paradiesischen Zuständen im Jenseits.

Aber auch geschlechtslos kuschelt es sich ganz gut auf Wolke sieben: Die Engel auf unserem Bild – auf dem Deckengemäde von St. Johannes am Imberg aus dem Jahr 1772 – scheinen sich so unwohl nicht zu fühlen.

Bild: dpk-krie

 

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