Aufs Auto umgesattelt
STICH-WORT
27/05/20 In einem Auto ist man bestens geschützt, wenn schon nicht vor Unfällen, so doch vor Blitzen. Das haben wir schon in der Schule gelernt. Während eines Gewitters wirkt es wie ein Faraday'scher Käfig. Interessanterweise funktioniert das Handy, was das Autofahren freilich wieder gefährlich macht. Besser, das Auto steht, und noch besser: vor einer Leinwand.
Von Reinhard Kriechbaum
Kein Wunder, dass das Autokino gerade allüberall seine Wiederauferstehung feiert. Kann man sich überhaupt einen besseren Schutz vor Corona-Viren vorstellen, solange die Autofenster zu bleiben? An spannenden Stellen bitte die Luft anhalten. Nicht wegen der Infektionsgefahr, sondern weil sonst die Scheiben anlaufen.
Autokinos boomen jedenfalls. Es gibt so etwas ab Samstag (30.5.) in Linz auf dem Urfahraner Marktgelände. Das Innsbrucker Metropolkino hat auch kurzfristig aufs Automobil, pardon: aufs parkende Auto umgesattelt und beginnt übermorgen Freitag (29.5.) im Olympiastadion. In Graz gibt es demnächst gleich drei solcher automobiler Lichtspiel-Etablissements. Jenes auf dem Dach des Einkaufszentrums City Park wurde schon vor zwei Jahren, also weit vor Corona, eingerichtet. Dort gibt es heuer Vorstellungen schon seit Mitte Mai. Auf dem Grazer Messegelände geht es morgen Donnerstag (28.5.) los, im Freizeitgelände Schwarzlsee einen Tag später. Kärnten ist später dran (in Villach plant man noch, in St. Andrä bei Wolfsberg beginnt man Mitte Juli). Die Nase vorn hatten die Oberösterreicher, dort hat man am 14. Mai schon einen Fußballplatz in Gunskirchen nahe Wels zum „ersten Corona-Autokino“ umgewandelt. In Wien ist das Autokino – lange Zeit das einzige in Österreich – sowieso quasi institutionalisiert, wie die Adresse Autokinostraße 2 verrät.
Die umtriebige Elisabeth Fuchs – im Bild mit der Flughafen-Chefin Bettina Ganghofer – liegt mit ihrem Autokino auf dem von Kerosin-Aerosolen derzeit freien Salzburger Flughafen also absolut im Trend. Für den Auftakt morgen Donnerstag (28.5.) ist es freilich zu spät: Die beiden Vorstellungen des Filmmusicals Grease mit John Travolta sind bereits mit Autos vollgestellt. Für Le Mans 66 am Freitag (29.5.) gibt es noch Parkplatz-Chancen, Karten sind auch noch für die folgenden Pfingst-Tage erhältlich (Alles steht Kopf, Ich war noch niemals in New York, La Vérité – Leben und lügen lassen).
Bis 30. August läuft das Salzburger Autokino. Aber Elisabeth Fuchs ist ja eigentlich Musikerin, Leiterin der Philharmonie Salzburg. Deshalb zahlt man pro Kinobesuch einen Spenden-Euro an dieses Freelance-Orchester. Ab 1. Juli wird es auch Autokonzerte geben. Im Gegensatz zum Autokino darf man Elisabeth Fuchs in diesem bereich tatsächlich zu den Vorreiterinnen zählen.
Spottbillig ist's nicht gerade in Salzburg. Während man in Innsbruck und Linz für 19,90 oder 24,90 pro Auto dabei ist, zahlt man in Salzburg satte 32 Euro. Wer alleine im Auto sitzt, kommt mit 24 Euro davon. Freilich: In Innsbruck und Linz sollen laut Anordnung „maximal zwei Erwachse und im Haushalt gemeinsam lebende Kinder“ herbei fahren. In Salzburg gibt es solche Einschränkungen nicht. Also am besten vier Erwachsene ins Auto packen (so wie sie auch an Wirtshaustischen und bald wieder im Theater zusammen sitzen dürfen), dann ist's im Durchschnitt sogar ein paar Euro günstiger als eine normale Kinokarte. Wenn auch das Infektionsrisiko zunimmt im Karosserieraum.
Aber Covid-19 ist ja weniger das Thema. In Linz haben sich schon Spaßverderber zu Wort gemeldet. Eine NEOS-Abgeordnete reklamierte dort, dass man heutzutage nicht auf Auto-Anreise setzen sollte. Eh wahr. Andrerseits, wie kommen die meisten Leute sonst ins Cineplexx Airport?
Der Schreiber dieser Zeilen hofft jedenfalls, dass bei seinem ersten Besuch im Autokino nicht gerade ein fetter SUV vor seinem bescheidenen Skoda Fabia steht. Soll man sicherheitshalber nicht nur eine Gesichtsmaske (für den Abstecher zur Snackbar) mitnehmen, sondern auch einen Wagenheber? Bei den FAQs findet sich ein vielversprechender Hinweis: „Auch höhere PKWs sind erlaubt, diese werden aber seitlich bzw. weiter hinten platziert. Es gilt: je niedriger das Auto, desto mittiger wird es platziert.“
