Bewegungskünstlerin und noch mehr
MdM MÖNCHSBERG / SIMONE FORTI
18/07/14 Sie ist eine zierliche alte Dame, 79 Jahre alt, und es fällt auf, wie bewusst sie sich bewegt: Die amerikanische Künstlerin Simone Forti hält sich aus Anlass der Ausstellungseröffnung einer Werkauswahl im Museum der Moderne in Salzburg auf.
Von Werner Thuswaldner
Was ist sie? Sie ist Malerin, Zeichnerin, sie arrangiert plastische Gebilde und vor allem ist sie eine Tänzerin. Etwas genauer: eine Performerin. Das ist ziemlich viel. Im deutschsprachigen Raum hat man so etwas normalerweise nicht gerne. Hier will man Eindeutigkeit. Man will wissen, in welche Schublade jemand gehört. Alles andere ist irritierend. Jemand tanzt, dann ist er ein Tänzer. Jemand malt, dann ist sie eine Malerin. Schluss. Was soll denn das eine mit dem anderen zu tun haben?
Im angelsächsischen Kulturraum ist das anders. Das interdisziplinäre Arbeiten, das Überschreiten von Grenzen, ist etwas Selbstverständliches. Und die Art, wie sich Simone Forti in den verschiedenen Bereichen ausdrückt, hat sehr wohl viel miteinander zu tun.
Sie stammt aus Florenz und wanderte mit ihrer Familie schon als Dreijährige in die USA aus. Dort fand sie an der Westkünste gute Voraussetzung, sich künstlerisch zu entwickeln und bekam in der Nachkriegszeit, beste Chancen, Kontakt zu avantgardistischen Kreisen in New York zu finden. Auffallend ist ihr elementares Interesse an Formen der Bewegung. Wie bewegen sich Menschen? Wie bewegen sich Tiere? Der Bär etwa? Simone Forti machte es bei der Presseführung durch ihre Ausstellung vor. Sie betrieb einst genaue Studien und ließ sich dabei von Beobachtungen des Verhaltensforschers Konrad Lorenz anregen. Vieles, das sie sich ausgedacht hat, lässt sich in der Schau zwar mit Hilfe mehrerer Bildschirme dokumentarisch zeigen, aber besser ist es, wenn es vorgeführt wird. Daher gibt es während der Dauer ihrer Ausstellung immer wieder Performances. Nicht nur im Museum der Moderne, sondern auch in der Stadt. Dabei kann sich das Museum auf die Salzburg Experimental Academy of Dance von Susan Quinn stützen.
Zwei solcher Vorführungen konnten bei der Presseführung erlebt werden. Eine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern steckten in gebeugter Haltung ihre Köpfe zusammen und verknoteten die Arme. Sie bildeten ein Menschenknäuel. Daraus löste sich dann abwechselnd eine der Gestalten nach der anderen, erklomm das Knäuel, glitt daran herab und fügte sich wieder ein. Ein spannungsvoller Prozess.
Als zweites war eine der „Dance Construction“ von Simone Forti zu sehen. Dafür sieht sie Skulpturen aus Sperrholz vor, die von den Tänzern benützt werden. Im konkreten Fall war das eine schiefe Ebene von 45 Grad, an der Seile befestigt sind. Die Seile dienen den Tänzern gleichsam als „Aufstiegshilfe“. Sie benützen abwechselnd die Seile und bilden ein Bewegungsmuster. Simone Forti selbst ließ sich in ein von der Decke hängendes Seil eindrehen, woraus sich wie von selbst eine „Choreographie“ ergibt. Das musikalische Element spielt bei diesen Performances keine geringe Rolle.
Sehenswert sind ihre kraftvollen Stiftzeichnungen. Das sind oft Bewegungsstudien. So etwa erforschte sie Kreisformen, aus denen sich die arabischen Zahlen ableiten lassen.
Die Galerie Krinzinger in Innsbruck und Wien hat die Künstlerin übrigens bereits in den siebziger Jahren in Österreich vorgestellt.
Humor ist ihren Arbeiten zur minimal art – sie war eine Pionierin dieser Kunstrichtung – nicht fremd. Beispiel: Eine Zwiebel, die auf der Öffnung einer senkrecht stehenden Flasche liegt, bleibt nicht dort, weil sie austreibt und so ihr Gewicht verlagert.