Der Hirte bläst auf seiner Schalmei
STADTGESCHICHTE / SALZBURG MUSEUM
02/12/13 Ungefähr dort, wo jetzt das Museum der Moderne steht, sitzt ein Schafhirte und bläst auf seiner Schalmei. Die Spitze des Gaisbergs ist von Wolken verhangen. Es ist aber anzunehmen, dass es den Sender noch nicht gegeben hat und auch nicht die Absprungrampe für die Paragleiter.
Es ist die älteste bisher bekannte gemalte Stadtansicht Salzburgs. Dass sie jetzt dem Salzburg Museum gehört, ist für Museumsdirektor Martin Hochleitner wie ein vorverlegtes Weihnachtsfest. Den Sensationsfund „Blick auf Salzburg“ – ein bisher unbekanntes und nicht publiziertes Bild – konnte der Salzburger Museumsverein bei einer Auktion in Paris erwerben. Das Gemälde war bis zur Auktion im Besitz einer französischen Adelsfamilie.
Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass es ein Werk des Malers Philipp van den Bossche ist, der 1599 in feinster Ausführung die Stadt abgebildet hat. Dazu hat er Sichtmöglichkeiten aus mehreren Blickwickeln zusammengeführt.
Diese älteste gemalte Stadtansicht von Salzburg eröffnet Einblicke in bisher unbekannte bauhistorische Feinheiten der Stadt. Das Bild unterscheidet sich in zahlreichen Details von der um 1602 entstandenen Zeichnung des Paulus van Vianen („Ansichten Salzburgs von der Mönchsbergseite“), die sich in Braunschweig befindet. Die Ansicht wurde wahrscheinlich aus mehrere Skizzen erstellt, die Perspektiven dabei teilweise angepasst. So werden Details sichtbar, die in der Realität hinter anderen Baukörpern verborgen gelegen wären.
Zu sehen ist bereits das Kapuzinerkloster, das in den Jahren 1596 bis 1599 errichtet wurde – ein brandneues Bauwerk also, als sich Philipp van den Bossche ans Skizzieren machte. Markant ist auch die Brandruinen des romanischen Doms, der im Dezember 1598 schwer beschädigt und schließlich ab 1614 neu aufgebaut wurde. Aber da war das Bild schon längst fertig.
Minutiös sind die Gebäude der Altstadt festgehalten. Links neben dem Dom erstrahlt in frischem Weiß die „Alte Residenz“, davor die Franziskanerkirche mit der gotischen Haube. Der Turm, wie wir ihn kennen, wurde ja erst im 19. Jahrhundert im Stil der Neogotik gebaut. Deutlich sind auch die Bauarbeiten am Toskanatrakt erkennbar. Rechts im Bild der romanische Komplex der Klosters St. Peter und die Festung Hohensalzburg. Darüber breitet sich eine Wolkenlandschaft aus, die ganz der Tradition niederländischer Landschaftsmalerei folgt und das Bild trotz topographischer Genauigkeit zu einer wunderbar inszenierten Weltlandschaft werden lässt.
„Damit zeigt uns das Gemälde ein lebendiges Stadtbild, das Historikern und Kunsthistorikern, Stadtforschern und Denkmalpflegern einen aufschlussreichen Eindruck Salzburgs zur Zeit des Erzbischof Wolf Dietrich gibt“, freut sich
Über Philipp van den Bossche weiß man nicht viel, bloß dass er sich bis 1604 in Salzburg aufgehalten hat und ihn sein weiterer Weg nach Prag führte. Dort wirkte er als „Camer-Seidensticker“ am Hof von Rudolf II. Einigermaßen prominent ist sein Panoramagemälde der Stadt Prag. Nach dem Tod Rudolfs II. 1612 übersiedelte van den Bossche nach Augsburg.
Die Stadtansicht kann während der Adventzeit in der Neuen Residenz besichtigt werden. Anschließend wandert sie in die Restaurierungswerkstätte des Museums, wo sie gereinigt, verglast und neu gerahmt wird. Eine wissenschaftliche Publikation mit neuen topografischen und städtebaulichen Erkenntnissen ist für Ende 2014 geplant. Ab Mitte des kommenden Jahres wird das Fundstück in die Dauerausstellung des Museums im 2. Stock integriert.
(Salzburg Museum/dpk-krie)