Kunst auf den Gipfel getrieben
SALZBURG MUSEUM / DIE HOHEN TAUERN
12/07/12 In einem Landesmuseum sammeln sich auch allerlei Devotionalien an. Dazu gehört zum Beispiel die Fahne der ersten Gipfelstürmer auf den Großvenediger von 1841. Man kann schließlich nicht gleich mit dem Holz für ein Gipfelkreuz losmarschieren.
Das Thema Alpingeschichte ist heuer virulent, weil der Österreichische Alpenverein sein 150-Jahre-Jubiläum feiert. Die Maler waren übrigens deutlich früher dran als die erstmals im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sich vereinsmäßig organisierenden Hobby-Bergsteiger. In der Aufklärung hat man begonnen, Berggipfel aus eigener Anschauung abzubilden. Bereits vor 1800 widmeten sich die beiden Salzburger Hofkünstler Franz Heinrich von
Naumann und Andreas Nesselthaler den Hohen Tauern. In der Sommerausstellung im Salzburg Museum geht es um ganz konkrete Gipfelstürmerei – nicht Ideen von Landschaft sind der Ausgangspunkt, sondern topographisch eindeutig zu identifizierende Gipfel. Es zeigt sich, dass nicht nur die in Berge eingebettete Stadt Salzburg ein wichtiges Thema war, sondern eben auch die Hohen Tauern, um die es hier geht. Erzherzog Johann, den alles Regionale in Kultur, Wirtschaft, Volkskunde so sehr interessierte, hat seine „Kammermaler“ durch die Lande geschickt. Thomas Ender (1793-1875) hat seinem habsburgischen Auftraggeber beeindruckernde Landschaftsporträts geliefert.
Aus Kärntner Sicht ist der deutlich weniger prominente Markus Pernhart (1824-1871) zu nennen, der durch seine Gemälde des Großglockners aber auch anderer Tauernbilder zu Ansehen gelangt ist. Als der österreichische Alpenmaler schlechthin gilt Anton Hansch (1813-1876). Die Spannweite seines Schaffens reicht von feinsinnig erfassten Wirklichkeitsausschnitten bis zu nahezu frei erfundenen Hochgebirgsszenarien, von der schlichten biedermeierlichen Idylle bis zur spektakulär inszenierten Apotheose der Bergwelt. In der Ausstellung sind einige seiner bisher fast unbekannten Ölstudien als Leihgabe der Akademie der bildenden Künste in Wien zu sehen.
Adolf Obermüllner (1833-1898) ist nicht wirklich in die Kunstgeschichte eingegangen, aber von seinen Gebirgsbildern waren Bergsteiger und Wanderer so angetan, dass 1880 eine eigene Kunstabteilung bei der Wiener Sektion Austria des Alpenvereins ins Leben gerufen wurde. Das machte andere Maler natürlich auf das Genre neugierig.
In Salzburg hat Hubert Sattler vom erwachenden Interesse an der Bergwelt profitiert, und sein Sohn Anton (der Schausteller, der mit dem Panorama durch die Lande zog) war noch viel fleißiger in diesem Genre. Anton Sattler hat viele Bergtouren mit dem zwanzig Jahre älteren Carl von Frey (1826-1896) unternommen, einem wohlhabenden Salzburger Kaufmann, der sich aus dem merkantilen Leben bald zurückzog und seinen Hobbys frönte. So erklärt es sich, dass es mehrere gezeichnete und gedruckte Gipfelpanoramen als Gemeinschaftswerk der beiden gibt. Frey hat bei seinen Wanderungen mit dem Zeichenstift skizziert, Sattler hat die Dinge farbig gehöht. Auch die Großglocknerbesteigung 1869 hat er auf diese Weise dokumentiert.
Für die regionale Bergsteigergeschichte ist diese Tour von Bedeutung, weil damals auch Anna von Frey dabei war, nur wenige Wochen nach der Erstbesteigerin Whitehead aus England erreichte sie als zweite Frau diesen Gipfel. Die Salzburger schwärmten von ihrer Bergkönigin.
Josef Stoitzner war ein Wienere Maler (aus dem Umkreis der Secession), der sich gerne im Oberpinzgau aufhielt. Imponierend sein Gemälde vom Krimmler Wasserfall. Mit der Natur-Faszination allein war es dann freilich bald vorbei. Zwar hatte die Bergmalerei auch fortan Konjunktur, aber sie wurde instrumentalisiert für „Blut und Boden“. Kein Wunder, dass Künstler nach Ende der Nazi-Zeit einen weiten Bogen um die Berge machten.
Jetzt ist der Zugang in die Bergwelt freilich wieder frei, auch ideologisch. Für die Schau hat der in Argentinien lebende Helmut Ditsch (geb. 1962) – ein Künstler mit österreichischen Wurzeln – ein fotorealistisches Bild beigesteuert: der Hafner an einem Spätsommermorgen spiegelt sich auf der noch dunklen Wasseroberfläche – da will man gleich in die Wanderschuhe steigen…
Natürlich sind manche Gebirgsbilder auch in der Landessammlung, also: in die Büros der Beamten gelandet. Diesem Bereich der Sammeltätigkeit (und damit der Kunstförderung) des Landes gilt ja eine Serie von Ausstellungen in der Säulenhalle. Diesmal sind auch ältere Bilder, etwa von Johann Fischbach und Georg Pezolt einbezogen. Ideal zum Thema passen drei Fotoserien, die Anfang der 1980er Jahre von Heinz Cibulka und Kurt Kaindl bei den „Rauriser Malertagen“ geschaffen wurden. Sie porträtieren das Leben im Hochgebirgstal mit Menschen, Architektur und Landschaft. Neuere Graphiken, Fotografien und ein Objekt von Salzburger Künstlern ergänzen den Blick auf das alpine Leben. Sie stammen von Martin Gredler, Christian Schwarzwald, Emilio Ganot, Wolfgang Richter und Alissa Naderer.