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600 Millionen Vögel sind verschwunden

HAUS DER NATUR / BIRDS

11/07/23 Die Künstlerin Nikola Irmer setzt sich seit fünfzehn Jahren mit Tierpräparaten verschiedenster Naturkundemuseen auseinander. Zuletzt galt ihre Aufmerksamkeit den ornithologischen Sammlungen im Haus der Natur. Ergebnis – die Sonderausstellung Birds! Nikola Irmer: Eine Malerin im Sammlungsdepot.

Die Schau mit den Werken der Künstlerin wird um Vogelpräparate des Museums ergänzt. „Erzählt wird so von der Bedrohung der Vogelwelt und von der Bedeutung wissenschaftlicher Sammlungen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt.“ Nikola Irmer, geboren 1970 in Starnberg, Deutschland, lebt und arbeitet in Berlin und Graz. Sie studierte Malerei am San Francisco Art Institute, an der Glasgow School of Art und am Hunter College New York. Im Jahr 2012 nahm sie an der documenta in Kassel teil.

Nikola Irmer betrachtet diese Sammlungen als Fenster in vergangene Zeiten und schätzt den langsamen Prozess der Wahrnehmung und Transformation, den die Malerei ihr bietet. Nikola Irmer: „Ich versuche, diesen Tierkörpern in der Malerei einen Ort zu geben, an dem sie unabhängig von den wissenschaftlichen Bestimmungen existieren können.“
Etwa ein Viertel der 37 Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind, hat Irmer in den Depots im Haus der Natur gemalt, die anderen stammen aus naturkundlichen Sammlungen in Berlin, Gotha, Florenz, Oxford, Admont und Wien. Es gibt Info-Screens und einen Film, bei dem man der Künstlerin über die Schulter schauen kann, während sie mit präzisen Pinselstrichen einen Papagei zum Leben erweckt. Für Irmer geht eine große Faszination von den Tierpräparaten aus: „In dieser Zeit, in der jedes einzelne Wesen von menschlichen Entscheidungen gefährdet zu sein scheint, sind die Präparate aus früheren Zeiten nicht nur stille Zeugen wissenschaftlichen Forschens sondern auch Vorboten drohender Verluste.“
Die aktuelle und hauptsächlich menschgemachte Bedrohung der Vogelwelt wird anhand dreier bereits ausgestorbener Vogelarten erzählt. Darunter ein Skelett-Präparat des bereits hundert Jahre nach seiner Entdeckung ausgestorbenen Dodos. Beinahe alle Dodo-Präparate, die sich in einigen wenigen Museen auf der ganzen Welt befinden, sind aus Einzelknochen verschiedener Individuen zusammengestellt und mit Nachbildungen aus Gips ergänzt.

Um die echten Knochen zweifelsfrei zu identifizieren, wurde das Salzburger Skelett kürzlich einer Computertomographie im LKH unterzogen. Der dabei entstandene 3D-Scan kann in der Ausstellung selbstständig erkundet werden.
Während die Naturwissenschaft in den Tierpräparaten der Sammlungen immer Vertreter einer Art sieht, versucht Irmer das Tier als Individuum zu erfassen. In einem aufgezeichneten Gespräch zwischen Nikola Irmer und Museumsdirektor Robert Lindner entwickelt sich ein spannender Dialog zwischen der Künstlerin und dem Biologen. „Das Besondere ist für mich die Kombination wunderschöner Bilder einer interessanten Künstlerin mit den drängenden Themen unserer Zeit – wie etwa den Veränderungen unserer Umwelt und ihren Ursachen sowie dem damit verknüpften dramatischen Artenschwund“, so Direktor Robert Linder.
Vögel sind heute weltweit bedroht. Jede achte Vogelart wird als gefährdet eingestuft, die Arten sterben immer schneller aus. Auch der Rückgang an Individuen bietet Anlass zur Sorge. Schätzungen gehen davon aus, dass in Nordamerika heute drei Milliarden weniger Vogelindividuen leben als in den 1970er-Jahren. In der Europäischen Union sind seit den 1980er-Jahren 600 Millionen Vögel verschwunden. Biologische Sammlungen sind über Jahrhunderte hinweg geschaffene Forschungsarchive. Ohne sie wäre es nicht möglich, Veränderungen der Artenvielfalt zu dokumentieren und zu verstehen. Viele Museumssammlungen beherbergen Arten, die in der Natur bereits längst ausgestorben sind.

Weltweit werden in Museen Exemplare von 11.000 Vogelarten aufbewahrt. In Deutschland schätzt man die Zahl der Präparate auf 1,2 Millionen, in den nordamerikanischen Museen auf mehr als vier Millionen. Trotz dieser enormen Zahl sei aber nicht die Sammelwut der Museen verantwortlich dafür, dass viele Vogelarten gefährdet sind, betont man im Haus der Natur. „Schätzungen gehen davon aus, dass alljährlich allein in den USA und Kanada eine Milliarde Vögel durch den Zusammenstoß mit Glasflächen ums Leben kommen. Durch die Abholzung tropischer Wälder sterben jedes Jahr 140 Millionen Vögel.“ Die ornithologische Sammlung im Haus der Natur umfasst etwa 6.700 Objekte, darunter befinden sich Bälge, Dermoplastiken, Eier, Federblätter und Skelette. Die ältesten Präparate stammen aus den 1820er Jahren. (Haus der Natur / dpk)

Haus der Natur – Sonderausstellung Birds! Nikola Irmer: Eine Malerin im Sammlungsdepot bis 15. September – www.hausdernatur.at
Bilder: Haus der Natur / Irmer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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