Herrgottnochmal, wo ist das Jesuskind?
SALZBURG MUSEUM / WEIHNACHTSKRIPPEN
30/11/17 Fehlt da nicht etwas? Das könnte man den Besuchern der kleinen, aber erlesenen Weihnachtskrippenschau im Salzburg Museum als Suchaufgabe mitgeben. Die Fehlstelle befindet sich in einem der Vorzeigestücke der Sammlung, der „Junger-Krippe“.
Von Reinhard Kriechbaum
Da sind die Könige mit allerlei Gefolge und ihren Gaben. Sogar ein Trommler ist da. Die gemalten Dekorationselemente zeigen Salzburger Häuser und den Dom, aus dem eine Salzbürgerin, herausgeputzt im Sonntagsstaat, kommt. Aber, herrgottnochmal, wo ist denn das Jesuskind? Weg ist es. Vielleicht irgendwann einmal verloren gegangen, vielleicht auch bewusst einbehalten. „Wenn eine Krippe weitergeschenkt wurde, hat man sich das Jesuskind oft behalten“, weiß Ernestine Hutter, die Volkskundlerin im Salzburg Museum. Vielleicht haben es die Jungers, eine Kaufmannsfamilie am Ort, auch so gehalten, als sie ihre Barockkrippe dem Museum übereigneten.
Heuer zeigt man Prachtexemplare und Besonderheiten der Sammlung. Als besonders exotisches Stück macht die die Richard-Mayr-Krippe ja immer wieder Staunen, wenn sie alle paar Jahre aufgebaut wird: Sogar das Jesuskind trägt die Zuge des in den 1920er und 1930er Jahren berühmten Opernsängers, und der Tiroler Bildhauer Hans Mauracher hat Richard Mayr in mindestens dreißig Opernrollen dargestellt. So ist er als Ochs von Lerchenau (Rosenkavalier) Zeuge des Geschehens in Bethlehem (das in Wirklichkeit die Felsenreitschule ist), als Hagen aus Wagners „Ring“, aauch als finsterer Hunding oder als Hans Sachs. Der Papst, der herbeigetragen wird, ist auch eine Basspartie, Pius IV. In Pfitzners „Palestrina“. Streng genommen, schauen nur die Schafböcke und die heilige Maria dem Sänger nicht ähnlich. Eine liebenswürdige Kuriosität im Cinemascope-Format.
Kulturhistorisch besonders wichtig sind die drei Hitzl-Krippen. Die Bildhauerfamilie Hitzl war in drei Generationen in Salzburg tätig, der Mittlere, Franz de Paula Hitzl, in etwa zur Mozart-Zeit. Er hat damit begonnen, nicht nur großformatige Altarfiguren zu schnitzen, sondern auch kleine Krippenfiguren. Erst unlängst konnte das Salzburg Museum aus Wiener Privatbesitz eine solche Hitzl-Krippe erwerben. Sie ist bemerkenswerterweise komplett: Viele kleine Figuren, ein flacher holzgeschnitzter Krippenberg, und dahinter ein Landschaftsbild im Goldrahmen.
Der Berg einer barocken Kastenkrippe besteht nicht aus Wurzeln, sondern aus Treibholz. „Für mich ein Indiz, dass dieses Werk aus Oberndorf stammen könnte“, erklärt Ernestine Hutter. In einer Schau mit Highlights der Sammlung darf eine Pinzgauer Heimatkrippe von Xandi Schläffer ebenso wenig fehlen wie ein Werk der Keramikerin Luise Spannring. Und sozialgeschichtlich aufschlussreich ist eine Drehkastenkrippe, mit der wohl arme Leute einst von Haus zu Haus gezogen sind, um Lebensmittel zu heischen.