Bewundern, was uns jetzt wieder gehört
HINTERGRUND / DOMQUARTIER
22/11/17 Was war schon der Untergang der Titanic gegen das, was Noah, seine Familie und sein schwimmender Zoo vom Bord der Ache aus haben mitansehen müssen? Das Bild zeigt nur einen winzigen Ausschnitt aus dem Werk von Kaspar Memberger dem Älteren (1555-1618).
Von Reinhard Kriechbaum
Die „Sintflut“, 1588 entstanden, ist das dritte im fünfteilige Zyklus großformatiger Gemälde, die ja schon bisher in der Residenzgalerie zu sehen waren – mit einem großen Unterschied: Seit dem Vorjahr, als sich der Bund von seinen Salzburger Besitztümern endgültig trennte, gehören die Bilder tatsächlich wieder dem Land Salzburg. Das Wappen des Landes Salzburg in der linken oberen Ecke und Wolf Dietrichs in der rechten oberen Ecke geben Aufschluss über den Auftraggeber der fünf Gemälde des Memberger-Zyklus: Es war Wolf Dietrich von Raitenau. Dass man gerade jetzt, da man im DomQuartier an diesen Erzbischof an allen und Ecken des Gebäudekomplexes erinnert, auch die wieder in Salzburger Besitz gelangten Gemälde präsentiert, hat deshalb eine gewisse Logik.
Im Jubiläumsjahr 2016 selbst wurden ja bloß bei den offiziellen Übergabe- und Vertragsunterzeichnungs-Anlässen einzelne Werke gezeigt. Nun also kann man sich ein Bild machen, dass die Bestände der Residenzgalerie tatsächlich um einiges reicher geworden sind. Nicht sosehr wegen der Zahl der Gemälde – es sind bloß 21 –, sondern wegen des Inhalts und der Qualität. Fürs bildnerische Landesbewusstsein ist zum Beispiel jener „Salzburger Landschaftszyklus“ durchaus von Belang, den Albert Christoph Dies (1755-1822) im Auftrag von Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo geschaffen hat. Das 1797 entstandene Ölgemälde „Hohensalzburg“ ließe heutige Naturschützer frohlocken, so der Bestand an grün auch nur in Ansätzen in unsere Zeit herübergerettet worden wäre. So ist es natürlich nicht. Dort, wo die beiden Kühe wiederkäuen, addieren heutzutage emsige Finanzbeamte Zahlenkolonnen. Vielleicht lohnte es sich, in der Landwirtschaftskammer und beim Finanzamt nachzufragen, den durchschnittliche Pro-Kopf-Tagesertrag von Milch und Steuer zu erfragen und miteinander zu vergleichen. Dann könnte man abschätzen, ob sich die Verbauung des Gebiets gelohnt hat.
Gar weit hat sich Albert Christoph Dies für seinen „Salzburger Landschaftszyklus“ übrigens nicht entfernt von der Landeshauptstadt, die anderen drei Gemälde zeigen eine „Gaisberglandschaft“, den Hohen Staufen in Gewitterstimmung und das Salzachtal im Süden der Stadt.
Mit dem Ende des Erzstifts 1803 waren die Salzburger Gemälde in die Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses Wien und weiter in deren Nachfolgeinstitutionen gelangt, in die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums sowie ins Belvedere.
Mit der Ausstellung in der Residenzgalerie und dem Katalog „Zurückgeholt“ (hrsg. von Astrid Ducke, für 4,90 Euro zu haben) sind diese Gemälde also bestens dokumentiert. Der weitaus größere Teil der aus Bundeseigentum rückübereigneten Objekte sind aber Möbelstücke, Einrichtungsgegenstände und Bilder, die in den Prunkräumen der Residenz beheimatet und ausgestellt sind. Vieles davon harrt noch der wissenschaftlichen Bearbeitung und Dokumentation. Das zu tun hat man sich für die nähere Zukunft fest vorgenommen.