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Kleider machen Puppenleute

SPIELZEUGMUSEUM / ANGEZOGEN

07/02/17 Die Erforschung des Nordpols hat sich seinerzeit nicht nur in den Schlagzeilen niedergeschlagen. In den Puppenstuben tauchten plötzlich Eskimogewänder auf. „Nach der Jahrhundertwende kamen auch Uniformen und Sportkleider, später Outfits für die Autofahrt und Tenniskleider hinzu“, erklärt man im Spielzeugmuseum, wo es bis in den Herbst hinein um die Puppenkleidung geht.

Die Kleidung der Puppen spiegelt den Zeitgeist der jeweiligen Mode. Da,mit ist das Thema Puppenkleidung auch ein Spiegel der jeweiligen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation. Bereits im frühen Mittelalter waren am Hof in Paris Puppen in ihren modischen Gewändern verbreitet. Hatten die Kinder der armen Leute ihre Lumpenpuppen, so besaß der Hochadel exquisit gekleidete Puppen, die als Botschafterinnen der Mode an verschiedene Höfe in Europa verschickt wurden um das exklusive Leben darzustellen. In den Rechnungsbüchern des französischen Königs sind bereits im Jahr 1391 Ausgaben für Modepuppen belegt. Diese Puppen waren meist lebensgroß und Damen der besseren Gesellschaft besaßen eine „Pandora“. Diese Art der lebensgroßen, exquisiten Trendsetterinnen verlor erst im Zuge der Französischen Revolution ihre Bedeutung.

In England nahm ab 1790 eine neue Form der Modepuppe ihren Ursprung: Ausschneidepuppen, die aus einfachem Karton und verschiedenen, ebenfalls aus Karton ausgeschnittenen Kleidern und Accessoires ausgestattet werden konnten. Noch heute ist diese Form der Ausschneidepuppe sehr beliebt.

Mit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Massenproduktion von Puppen in Deutschland und Frankreich beginnt eine Hochzeit der Puppenproduktion. Auch das Material, aus dem die Puppen entstehen wird vielfältiger: über Holz, Wachs, Biskuit, Porzellan, Zelluloid, Stoff bis hin zu Kunststoff. Doch eines bleibt den Puppen gemein: Sie werden von den BesitzerInnen nach ihren Vorstellungen eingekleidet, erst Kleider machen Puppenleute.

Einzelne Firmen spezialisierten sich auf die verschieden Nischen des aufsteigenden Puppentrends. Die französische Firma Jumeau zum Beispiel wurde durch ihre exquisiten Puppengewänder bekannt. Dass diese Firma auch Puppen herstellte, wurde kaum erwähnt. Die Puppen nämlich waren eher grob gearbeitet, die Garderobe und Accessoires hingegen dafür umso aufwändiger und feiner.

Das Puppenzentrum in Sonneberg (Deutschland) stellte im Gegensatz dazu bis 1880 ausschließlich Puppen in einem Hemdchen her. Die Bekleidung musste von den Kundinnen selbst hergestellt werden. Mit dem Einsatz von Nähmaschinen (1870-1880) änderte sich die Verarbeitung und es entstanden erste Firmen die sich ausschließlich auf die Produktion von Puppenkleidern spezialisierten. Auch für die „Puppenmütter“ wurden eigene kleine Nähmaschinen angeboten und Schnittmusterbücher halfen bei der Umsetzung.

Die Kleidung der Puppen spiegelt den Zeitgeist der jeweiligen Mode. Bevorzugte man um 1860 Moiré und Taft, wurden nach 1865 gehäkelte und gestrickte Kostüme chic. Auch weltweit bedeutsame Ereignisse fließen in die Mode mit ein, wie zum Beispiel die Erforschung des Nordpols und die damit einhergehenden Eskimogewänder für Puppen. Nach der Jahrhundertwende kamen auch Uniformen und Sportkleider, später Outfits für die Autofahrt und Tenniskleider hinzu. Um 1910 herum begann die Puppenmode zunehmend eine Kindermode zu werden.

Niemand würde sich zu sagen getrauen, seit wann es Puppen gibt: In Kindergräbern der Jungsteinzeit gefundene Figuren aus Ton und anderen Materialien werden als Spielpuppen gedeutet. Spieltrieb und Bemutterungs-Verhalten, aber auch die Puppe als Fetisch sind Kulturgeschichtliche Konstanten. Die Bedeutung der Puppenkleidung reicht weit zurück und nimmt einen wesentlichen Platz in der Welt des Spielzeugs ein. So wurde schon früh zum Beispiel auch aus einem Kochlöffel oder einem Knochen durch das richtig proportionierte Stück Stoff eine Puppe geschaffen.

„Angezogen!“ Heißt die Schau im Mesnerstöckl des Spielzeugmuseums. „Selten kommt eine Puppe ohne passende Wäsche ins Museum“, weiß man dort. In vielen Fällen wurde und wird die Puppenkleidung von Müttern selbst gehäkelt, gestickt oder geschneidert, damit die kleinen Damen und Herren auch der Wetterlage entsprechend eingekleidet werden können. Gezeigt wird eine breite Palette: von der Pudelhaube bis zum Strickpullover für den Schibuben über Regenkleidung und Winterjacken bis zur feinsten weißen Schürze, die früher bei Tisch zum Kakaotrinken über die Kleider angezogen wurde. (Salzburg Museum/dpk-krie)

Angezogen. Puppenkleidung aus der Sammlung des Spielzeug Museum. Bis 29. Oktober – www.spielzeugmuseum.at
Bilder: Spielzeug Museum/Eva trifft.

 

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