Kunst und Körper
KUNSTVEREIN / MANNERS OF MATTER
30/04/14 Die letzte von der ehemaligen Direktorin des Kunstvereins Hemma Schmutz organisierte Ausstellung „Manners of Matter“ beschäftigt sich ernst und ironisch mit dem Thema Körperlichkeit und Vergänglichkeit.
Von Werner Thuswaldner
Der Titel, „Manners of Matter“ bezieht sich auf den amerikanischen Künstler Ar Reinhardt, der in den fünfziger und sechziger Jahren reüssiert hat. Der Abstrakte Expressionismus blühte, Minimal Art spielte eine Rolle und Conceptual Art ebenso. Die herkömmliche, auf einem Sockel stehende Skulptur wurde angezweifelt. Eine Skulptur sei etwas, sagte Reinhardt, wogegen man stößt, wenn man zurücktritt, um eine Gemälde an der Wand zu betrachten.
In der Ausstellung des Künstlerhauses werden u.a. Arbeiten gezeigt, mit denen sich Künstler auf derartige Werke der ehrwürdigen Skulptur beziehen. Auf einem Video ist zu sehen, wie Florence Meyer Skulpturen des berühmten Bildhauers Constantin Brancusi benützt, um darauf mit ihrem grazilen Körper ein hoch ästhetisches Bewegungsrepertoire darzustellen. Der Kontrast zwischen den monumentalen Steinplastiken und dem Körper der Tänzerin machen die Wirkung aus.
Ein anderes Video von der deutschen Künstlerin Ulla von Brandenburg zeigt eine dichte, geschlossene Menschengruppe in urbanem Raum, die von außen gefilmt wird. Die Kamera umkreist die Gruppe, der Wind sorgt dafür, dass die Kleider der Menschen stets in sanfter Bewegung sind, aber nie kann man einem dieser Menschen ins Gesicht sehen. Ein Spiel.
Der Engländer Michael Dean meint es nicht ganz ernst, wenn er einen Krautkopf in Beton abformt und für ausstellungswürdig hält. Der Krautkopf liegt auf dem Boden, ein sehr gewöhnliches Stück. Die Skulptur ist all ihres erhabenen und heroischen Getues beraubt.
Gegen die Monumentalität traditioneller Plastiken hat auch der Schotte Bruce McLean etwas. Eine Fotoserie zeigt ihn, wie er auf Skulpturen von dem einst als Bildhauer-Gott verehrten Henry Moore kühne Bewegungen ausführt. Sein Körper wird gleichsam zu einem Kommentar der Kunst von Moore.
Nicht weit von einem Ansatz dieser Art entfernt ist eine Arbeit von dem Franzosen Jean-Luc Moulene. Zwei Felsen nehmen eine Plastikflasche in die Mangel. Natürlich ist es nicht bloß eine Plastikflasche. Sie steht für einen Menschen, der in äußerste Bedrängnis gerät.
Entheroisierung betreibt auch die Polin Alina Szapocznikow. Zwanzig Fotos scheinen weiß auf schwarz minutiöse Plastiken abzubilden, Schmuckstücke vielleicht. In Wirklichkeit ist es in jedem Fall Kaugummi, der sich durch gründliches Kauen zu bemerkenswerten Formen verwandeln lässt.
Dem Fass die Krone setzt wohl der Japaner Koji Enokua auf. Er verlangt von den Besucherinnen und Besuchern Selbstbeteiligung. Sie sollen zwar nicht als Kamel durch ein Nadelöhr gehen, wie die Bibel es verlangt, vielmehr sind sie aufgefordert, ein Gummiringerl so zu dehnen, dass sie mit ihrem Körper durchschlüpfen können.
Das Kabinett gehört Markus Proschek. Ihn interessieren frühgeschichtliche Kulturen, Zeiten, als sich einerseits das Matriarchat und andrerseits das Patriarchat ausbildeten. Ein altägyptisches Fragment ergänzte er mit enorm viel Fantasie zu einer Personengruppe aus Drahtplastik und lässt geheimnisvolle Beziehungen zwischen archäologischen Funden, Stein- und Metallwerkzeugen, entstehen.
Mit Nachdruck sei auf die Fotoserie „Desert Flowers“ von Elisabeth Wörndl im Cafe Cult hingewiesen. Die Wüstenblumen stammen aus dem „Princess of Wales Conservatory“, einer Einrichtung, die mittels Panoramen exotische Naturimpressionen nachbildet. Kann Natur so den Menschen im urbanen Raum nahegebracht werden? Oder haben wir es von vorn herein mit einer Kunstbemühung zu tun? Darüber nachzudenken, regt Elisabeth Wörndl an.