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Mehr als eine Küchenfee

AUSSTELLUNG / ARCHITEKTINNEN IN SALZBURG

16/10/13 Das Salzburger Kulturlexikon nennt keine einzige Architektin. Doch wer sucht, findet. Roman Höllbacher von der Initiative Architektur hat das getan und eine Ausstellung im Künstlerhaus gestaltet: 56 Architektinnen, die mehr oder weniger Spuren hinterlassen haben.

Von Reinhard Kriechbaum

070Derzeit gibt es rund zweitausend Architekten in Österreich, aber nur zweihundert Architektinnen. Ein Verhältnis eins zu zehn also. Kein Wunder, dass einem aufs Erste nicht so viele Baukünstlerinnen einfallen: Ursula Spannberger, freilich: Mit dem Umbau der alten Pustet-Druckerei zum hochmodernen ICT&S (einer Universitäts-Einrichtung gleich neben dem Rupertinum in der Philharmonikergasse hat sie ein Signal gesetzt, wie man kreativ und zugleich respektvoll mit historischer Substanz umgeht. Sie redet auch als erste Architektin (nach ein paar Kunsthistorikerinnen) in der Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung mit.

Aus der Gegenwart wäre Heide Mühlfellner zu nennen für das signifikante Bürogebäude in der Riedenburg (wo im Erdgeschoß die Galerie Seiwald drin ist). Von der hochbetagten Ingeborg Kromp-Schmidt stammt die Kirche der Herz-Jesu-Missionare in Liefering. Ingrid Bauer hat sich mit markanten Schulgebäuden einen Namen gemacht, etwa den Berufsschulen Wals und Hallein. Überhaupt lohnt sich ein Blick ins Land: Tina Zimmer hat in Bischofshofen das Sonderpädagogische Zentrum als kühnen Würfel auf schräge Säulen gesetzt. Elfrid Wimmer-Repp hat in Goldegg eine Mehrzweckhalle gebaut.

071„Architektinnen in Salzburg“ ist weit gefasst: Es geht auch um Marken, die Architektinnen von anderswoher am Ort gesetzt haben, etwa Maria Auböck, die mitverantwortlich ist für die Gestaltung des Furtwänglergartens. Da ist der Qualitätsbefund im Wortsinn durchwachsen. Die Schweizerin Maria-Claude Betrix (links im Bild) gilt als Entwerferin des Fernheizkraftwerks an der Lehener Brücke sowieso manchem Salzburger auch nach vielen Jahren noch als ein weiblicher Gottseibeiuns.

Einige Salzburgerinnen haben es anderswo zu etwas gebracht: Die hier geborene, in Wien lebende Alice Größinger hat etwa mit dem Auftrag für den Science Park Linz einen repräsentativen Auftrag an Land gezogen. Susi Hasenauer (in Zell am See geboren, jetzt in Wien) hat in Wien eine Synagoge mit markantem Holz-Interieur entworfen. Und die Salzburgerin Helga Schimke (im Bild rechts)? 073Eine Sie ist eine der maßgeblichen Architektinnen der Generation, die bald nach dem krieg ihre Arbeit aufnahm - in der Öffentlichkeit ist sie aber eher als Bergsteigerin bekannt.

Hierzulande schmückt man sich gerne mit dem Namen Margarethe Schütte-Lihotzky (1897-2000). Die Verbindung zum Bundesland läuft über Radstadt und ist touristischer Natur: Sie verbrachte dort gerne die Sommerfrische, hat für ihre Schwester immerhin ein Einfamilienhaus geplant. Ein bei ihr in Auftrag gegebenes Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Südtiroler Platz in Salzburg ist trotz zweimaligen Anlaufs nicht realisiert worden. Dass Margarethe Schütte-Lihotzky als Küchenfee – als Erfinderin der Einbauküche – in die Geschichte eingegangen ist, ist übrigens nur eine der vielen Ungerechtigkeiten, die der Wienerin im Lauf von 103 Lebensjahren widerfahren sind.

074Erst ab 1919 durften Frauen Architektur studieren. Als erste Baumeisterin Österreichs gilt Hilda Crozzoli-Bandian (1900-1972). Sie war die erste Absolventin der Staatsgewerbeschule, 1921, und legte 1927 als erste Frau in Österreich die Baumeisterprüfung ab. Sie hat nach Plänen von Otto Prossinger den Wallistrakt und das Hotel „Goldener Hirsch“ umgebaut und zeichnete als Bauleiterin für die erste Adaptierung der Gebäude fürs Haus der Natur verantwortlich.

Die Holzmeister-Schülerin Anna-Lülja Praun (1906-2004), eine gebürtige Russin, hat Möbel für Herbert von Karajan und Alfred Brendel entworfen, und in der Altstadt richtete sie die ehemalige Teppich-Galerie Sailer (jetzt Budja) als ein Gesamtkunstwerk (Treppenaufgang, Mobiliar) ein. A propos Holzmeister-Schüler: Martha Bolldorf-Reitstätter (1912-2001) war die erste Absolventin der von ihm geleiteten Architekturklasse an der Akademie der bildenden Künste. Sie war weiterhin für Holzmeister tätig – wer weiß schon, ob und wie viel Anteil sie da hatte am Festspielhaus-Bau…

Gibt es eigentlich ein „weibliches Bauen“, irgendwelche Charakteristika im Schaffen von Architektinnen? Solche sieht der Gestalter der Schau, Roman Höllbacher, nicht. Er erkennt vor allem Qualität – und die ist logischerweise notwendig, wenn man sich als Frau in dem beinharten Gewerbe durchsetzen will. 22 Architektinnen werden auf Tafeln, die im Raum hängen, genauer vorgestellt, an den Wänden des Schauraums der Initiative Architektur gibt es biographische Notizen und Porträts von 34 weiteren Baukünstlerinnen, deren Namen locker oder auch etwas fester mit Salzburg verknüpft sind.

Architektinnen in Salzburg – eine Spurensuche. Ausstellung der Initiative Architektur im Künstlerhaus, bis 6. Dezember und dann wieder von 7. bis 31. Jänner. – www.initiativearchitektur.at
Bilder: Initiative Architektur / Sandra Hallinger (1); Marie-Claude Bétrix (1); Helma Schimke (1); Jana Breuste (1)
Zur Dokumentation Architektinnen, die mitreden
Zur Dokumentation Frauen an der Baugewerbeschule

 

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