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Krampus - hiesig wie fernöstlich

KUNSTVEREIN / REGIONALISMUS

25/09/13 Hat sich der Kunstverein eine neue Ausrichtung als Heimatmuseum verpasst? Auf den ersten Blick wähnt man sich im falschen Haus – so vertraut wirken die Artefakte. Auf den zweiten Blick findet man sich ein einer äußerst spannenden Schau, für die junge Künstler „Uraltes“ frech zitieren und interpretieren – und damit von der Lebendigkeit und Zeitlosigkeit alles „Überlieferten“ erzählen.

Von Heidemarie Klabacher

Das gelbe Ding in der Mitte erinnert irgendwie an Rindvieh, hat ganz sicher was mit Kühen zu tun. Almabtrieb? Aber für den Stirnschmuck selbst der prächtigsten Preiskuh ist das gut vier Meter hohe Prachtstück aus gelben Papierschlingen und bunten Foliensternen einfach zu groß…

Vom Titel der neuen Ausstellung im Großen Saal des Kunstvereins sollte man sich nicht abschrecken lassen: „Regionalismus“ hat nichts mit Gemeindentwicklung oder EU-Förderprojekten zu tun. Unter diesem Titel hat Kunstvereinsleiterin Hemma Schmutz je fünf Künstler bzw. Künstlergruppen aus Österreich und dem Ausland eingeladen, dem Verhältnis lokaler/regionaler Kulturen und Zeitgenössischer bildender Kunst nachzuspüren.

Im Zentrum steht die Überzeugung, dass „Volkskultur etwas Lebendiges ist, das Einflüsse aufnimmt“. Einflüsse auf die Volkskultur eines Landes, einer Region oder auch nur eines Ortes können aus anderen Ländern und Kulturen aber genauso gut auch aus der eigenen Alltags- oder Medienkultur kommen – wie etwa die Veränderungen der geschnitzten Krampusmasken zeigen.

Ein repräsentativer Querschnitt von Masken aus der Sammlung Baumgartner ist an der rechten Stirnwand im Großen Saal des Kunstvereins zu sehen. Ihm gegenüber ist an der linken Stirnwand eine Kollektion von „Pelzanzügen“ und Masken der Berliner Künstlerin Wiebke Siem: Unsereinem fallen Perchten oder Krampusse dazu ein, die Künstlerin hat ihre Anregungen aber eher aus dem Fernen Osten: „Und ein Afrikaner wird dazu feststellen, dass man in seinem Dorf genau dieselben Anzüge zu den Masken trägt“, sagte Wiebke Siem heute Mittwoch (25.9.) bei der Pressepräsentation im Kunstverein. Eine Reihe rosaroter Masken erinnert uns Westler an die verzerrten Gesichter von Franz Xaver Messerschmidt, für sie sei die Anregung wiederum eher von den japanischen Jo-Masken ausgegangen. „Für mich ist es unglaublich spannend, meine Arbeit direkt gegenüber den großartigen Prechtenmasken zu erleben.“

Jetzt aber zurück zu dem überdimensionalen gelben Quirl links der Saalmitte: „I come from Rio“ heißt diese Arbeit des Künstlerkollektivs „Alpine Gothic“, die keineswegs aus Lateinamerika kommt, sondern aus dem Pinzgau. „Furkeln“ heißen noch heute die mit Papier und allerhand Glitter geschmückten Bäumchen, die den Kühen beim Almatrieb aufgesetzt werden: „Die Äste eines kleinen Nadelbaumes werden nach oben gebogen und am Stamm festgebunden. So entstehen die charakteristischen Kugelformen“, erzählte Wolfgang Wirth  von Alpine Gothic. Man sei bei einem Bauern in St. Martin bei Lofer in die Schule gegangen und habe dann in 150 Arbeitsstunden die überdimensionale Furkel aus gelben Krepp-Papier hergestellt.

Der Furkel (gibt es diese Singularbildung überhaupt und heißt es der, die oder das Furkel?) entstand im Rahmen des Gesamtprojekts „Die Heimkehr der Töchter“: Die Salzburger Künstlergruppe Alpine Gothic untersucht darin „das Motiv der Heimkehr als allgegenwärtiges Phänomen unserer Gesellschaft“ samt dazugehören Riten und Requisiten „zum Ausdruck individueller und kollektiver Freude“. In St. Martin bei Lofer werde das Furkel mit Seidenpapier und glänzenden Sternen geschmückt, in Berchtesgaden dagegen etwa mit Holzspänen: „Bis zu 25 Stunden arbeiten die Bauern für den Schmuck für eine einzige Kuh, der ein einziges Mal verwendet wird.“

Tobias Hörl hat eine Installation „Unnesko II“ beigesteuert, in einer Kiste aus Zirbenholz als „guter Stube“. Das slowenische Künstlerkolletiv Irvin zitiert sich seit 35 Jahren mit reizvollsten Ergebnissen quer durch Kunst und Kitsch, Hilde Fuchs wird heute Mittwoch (25.9.) mit Trachtenversatzstücken eine Performance liefern. - Eine Ausstellung, die zum Lustvollen zum Dechiffrieren einlädt.

Bis 24. November im Salzburger Künstlerhaus - www.salzburger-kunstverein.at
Bilder: KV

 

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