Der Radfahrer macht mal Pause
SALZBURG MUSEUM / LOTTE RANFT
28/06/13 „Farbe und Volumen“ ist Titel einer Schau zum 75. Geburtstag im Salzburg Museum. Wer an ihrem Atalier im Nonntal vorbeigeht und neugierig hinein lugt durch die Auslagen, wird für beide Schlagwörter genügend Anschauungsmaterial finden.
Lotte Ranft betätigte sich von Anfang an in mehreren Sparten, wobei in den ersten Jahren vor allem Aquarell und Radierung, später immer mehr die großformatige Acrylmalerei das Bildhauerische ergänzten. Ihr Vokabular entwickelte Lotte Ranft aus maßgeblichen Positionen der klassischen Moderne, vor allem der École de Paris und des deutschen Expressionismus.
Wenn Lotte Ranft als „Klassikerin der Salzburger Kunstszene“ bezeichnet wird, trifft es das wohl: Ein ausgeprägter harmonischer Formensinn und die Orientierung an der klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts bilden das Fundament ihrer Arbeit, die von Anfang an mehrere Sparten umfasste.
Der etwas lässig an seinem Gerät lehnende Radfahrer ist so etwas wie ein Markenzeichen, selbstverständlich ziert er auch das Cover eines nun zum 75. Geburtstag von Lotte Ranft bei Pustet erschienenen Buchs. Ein solcher Geburtstag ist gewiss nicht der Anlass, mit einem solchen Werk allzu kritisch ins Gericht zu gehen. Es steht weit Banaleres herum in der Stadt, man schaue nur vom „Radfahrer“ über den Zaun in den Garten des Karajan-Geburtshauses...
Was man am „Radfahrer“ durchaus ablesen kann: Lotte Ranfts Bronzeplastiken bekunden trotz ihrer ausladenden Volumen einen Hang zu schwereloser Beweglichkeit. In der Malerei und Druckgrafik näherte sich Lotte Ranft einer magischen Zeichensprache von farbensprühender Vitalität. Die Ausstellung in der Säulenhalle zeigt großformatige Gemälde der letzten, besonders expressiven Schaffensphase, sowie eine Auswahl von bildhauerischen Arbeiten, darunter Entwürfe für monumentale Auftragswerke.
„Lotte Ranft wollte immer der schwergewichtigen, statuarischen Auffassung, wie sie in der Bildhauerei fast unweigerlich vorherrscht, etwas Lebendigeres, Beweglicheres entgegensetzen, das sich auch mit Witz und Heiterkeit verträgt. Sie schreckt dabei vor einem fast zirkushaften Balanceakt und vor akrobatischer Biegsamkeit nicht zurück.“ So Nikolaus Schaffer vom Salzburg Museum. „Das Blockhafte und Kantige hat bei ihr demzufolge nichts verloren, eine betont weibliche Formen- und Körpersprache gibt den Ton an. Rundungen, Formenrhythmen und Allsichtigkeit bestimmen den Eindruck und animieren das meist reichlich vorhandene Volumen zum Schweben.“
Anregungen fand die Künstlerin in der minoischen Formenwelt, aber auch bei Klassikern wie Brancusi und Laurens oder einem Lehrmeister wie Wander Bertoni.
Oft wird dem Betrachter die dunkle, verschlossene Oberfläche der Bronzeplastiken durch eine aufwendige Hochglanzpolitur geöffnet – so bei der eigens für die Museumsausstellung geschaffenen großen „Galene“.
In den achtziger Jahren trat Lotte Ranft vor allem als Aquarellistin in Erscheinung. Das damals in Blüte stehende „Salzburger Aquarell“ mit seiner zarten Nuancierungskunst war bei ihr in besonders sensiblen Händen. Umso kraftvoller und bunter nahmen sich die seit ca. 1990 entstehenden Acrylgemälde aus. Ranft entwickelte einen persönlichen Stil, der zwischen Ornamentalität und Ausdruckskraft vermittelt und sich einer magischen Zeichensprache nähert. Farbvorstellungen bilden stets den Ausgangspunkt für Gemälde oder die Bildzyklen, die oft um existentielle Befindlichkeiten kreisen – fast ausschließlich in weiblicher Gestalt. Die Farbflächen gehen nicht ineinander über, sondern werden fast montageartig miteinander verschränkt. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten stammen ausschließlich aus der letzten Schaffensphase.
Auch in der Druckgrafik vollzog Ranft den Schritt „vom Filigranen und Linearen zu lapidarer Signifikanz“, wie es Nikolaus Schaffer formuliert. Im Technischen gelangte sie nach vielen Experimenten zur Carborundum-Radierung, die eine fast plastische Oberflächengestaltung ermöglicht. Als Beispiel ist in der Ausstellung ihr Stier-Tanz-Zyklus von 2001 zu sehen.
(Salzburg Museum/dpk-krie)