Neue Blicke, neue Ansichten
SALZBURG MUSEUM / SALZBURG IN NEUEN ANSICHTEN
19/04/12 Nicht die Vedute ist gefragt, wenn der Salzburger Galerist Nikolaus Topic-Matutin (Neuhauser Kunstmühle) zum Wettbewerb über „Salzburg in neuen Ansichten“ lädt, sondern die Auseinandersetzung mit Stadt „an sich“, sehr wohl aber „am Beispiel Salzburg“. Das macht theoretisch einen Unterschied.
Von Reinhard Kriechbaum
Praktisch ist der Unterschied dann doch nicht so groß, mehrheitlich kommen ja doch wieder mehr oder weniger klassische Veduten heraus, Künstler sind letztlich auch als Touristen unterwegs. Das lassen jedenfalls viele Ergebnisse jener drei Wettbewerbe vermuten, die in den Jahren 1999, 2001 und 2005 stattgefunden haben. Auch für heuer hat Nikolaus Topic-Matutin (gemeinsam mit dem Kulturfonds der Salzburger Sparkasse) einen Wettbewerb ausgelobt. Im September werden sechs Künstler auf der Festung Gastateliers beziehen und sich von Salzburg anregen lassen, die Ergebnisse wird man dann in der Neuhauser Kunstmühle sehen können.
Vorab zeigt jetzt das Salzburg Museum in einer kleinen Schau, was bei den ersten drei Wettbewerben herausgekommen ist. Qualitativ ist das ganz unterschiedlich, stilistisch auch ziemlich querfeldein, aber genau deshalb auch erfrischend. Und überhaupt entscheidend: Man ist hier ganz weit weg von den „üblichen Verdächtigen“, die auf Salzburger Stadt-Bilder eingeschworen sind.
Neue Namen, vertraute Ansichten? Den Arbeiten sei gemein, so der Galerist Nikolaus Topic-Matutin, „dass sie einen Beitrag zur Entschlackung unseres Blickes leisten“. Augenfällig macht das Christopher Lehmpfuhl, der extreme Querformate (oder auch zu einem Triptychon zusammengestellte schmale Hochformate) als Ausschnitt wählt. Wer würde die grauen Strukturen in dicker Ölfarbe als Stufen von der Sockelzone des Residenzbrunnens identifizieren? Die Festung sieht bei Miloslav Chlupac aus wie eine Lehm-Trutzburg in Marokko, der Stil des 2008 verstorbenen Bildhauers/Malers wirkt wie eine Kreuzung aus Kubismus und naiver Malerei. Dieter Huber hat fotografiert, „Barrikade“ heißt sein Vogelschau-Blick auf den Domplatz. Mit Barrikade meint Huber aber nicht die von oben doppelt garstige Jedermann-Tribüne, sondern er hat aus den Gebäuden rundum die Fenster wegretuschiert.
Eher auratisch fasst Joachim Jung den Zugang zur Stadt. Er hat Thomas Bernhard porträtiert und in Zeichnungen „Kellereingänge in Lehen“ – in der Siedlung, wo Bernhard wohnte – festgehalten. Auch Ben Leenen, ein Niederländer, war in der Vorstadt unterwegs und hat die Lehener Eisenbahnbrücke gemalt. Auch die Fahne vor einem Eissalon. Der gebürtige Chinese Paul Ching-Bor, der jetzt nahe New York lebt, hat großformatige Blätter in modifizierter Tuschmalerei geschaffen – beinah impressionistisch muten diese Lichtspiele an. Sie sind Blickfänger in der kleinen, trotzdem vielgestaltigen Schau.