Pinsel- und Federvieh
GALERIE IM TRAKLHAUS / FROSCHBÄRFANT
20/06/11 Da lacht das Herz des Katzenhassers! Das Tier schwebt aufgeblasen oben im Gewölbe, es hängt an einer Gasflasche. „Anfänge der Raumfahrt“ hat Werner Reiterer die Skulptur betitelt. Wahren Tierfreunden zieht sich das Herz zusammen. – „Froschbärfant und andere Tiere in der Kunst“, gemalt, gezeichnet, fotografiert von 109 Künstlern.
Von Reinhard Kriechbaum
Angewidert wenden wir uns also ab von der aufgeblasenen Katze, der Hundeecke zu: Da lässt Alfred Kubin einen Hund den Mond anheulen, daneben hängen eine bisher noch nie (!) ausgestellte Hunde-Zeichnung von Franz Makart und eine Tierskizze von Kurt Moldovan. Davor steht eine aus lauter unterschiedlich großen Kugellager-Teilen zusammengeschweißte Hunde-Skulptur von Antony Gormley. Bruno Gironcoli zeigt uns ein Paar, das gerade mit der Welpen-Produktion beschäftigt ist. Peter Brauneis hat ein Gemälde mit drei rosaroten Pudeln mit Christbaumkerzen umrahmt. Ein weit überlebensgroßer Styropor-Hund von Sebastian Weissenbacher macht Häufchen im Arkadenhof des Traklhauses – Gott sei Dank stark stilisiert.
A propos Hof: Da gibt es eine sonst stets versperrte Tür neben dem Stiegenaufgang zur Trakl-Gedenkstätte. Der Raum ist jetzt offen und entpuppt sich als Häusl. Über den Spülkasten hat die junge Salzburger Künstlerin Judith Pichlmüller eine Videoarbeit mit Kakerlaken gehängt. Höchst einladend!
Dietgard Grimmer, die Leiterin der Galerie im Traklhaus, hat sich also auf die Suche nach dem lieben Vieh in der bildenden Kunst gemacht. Nicht mit didaktischen Gedanken im Hinterkopf, sondern lustvoll aufstöbernd, sammelnd, verknüpfend. Das Ergebnis kann man als charmantes Kunterbunt bezeichnen oder als stilistisches Tohuwabohu. Peter Weiermair etwas besserwisserisch im Katalog: „Eine Ausstellung von 109 verschiedenen Künstlern kennt über 100 unterschiedliche Motivationen. Eine Geschichte der Tierdarstellung in der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts muss noch geschrieben werden.“
Stimmt schon, war aber auch nicht die Absicht. Dietgard Grimmer hat undogmatisch nebeneinander gestellt, was keine geordnete Übersicht, aber ein anregendes Miteinander ergibt. Die Tierarten sind fein säuberlich beisammen, die Spinnen ebenso wie die Hühner, die Pferde wie die Vögel. So sind auch prominente Künstler neben ganz jungen gelandet, Altes neben ganz Neuem – und auch das ist erquickend.
Mag sein, dass mancher Künstler für sein Schaffen zu wenig Mäuse bekommt. Johann Pollhammer hat den Ausdruck wörtlich genommen und Mäuse zum Motiv von Geldscheinen gemacht. Schweine gibt es kaum, glücklicherweise hatte Christian Ludwig Attersee eines auf Lager. Ein symbolistischer Tiger stammt von Max Klinger, Lovis Corinth hat ebenfalls eine Tiger-Radierung geschaffen. Joseph Beuys begegnet uns neben einem Gips-Löwen in tierischer Pose.
Ropac hat einen echten Warhol beigesteuert: eine Eselszeichnung. Die Salzburger Museen und Galerien waren überhaupt sehr freizügig, und so ist eine ansehnliche Tierschau zustande gekommen. Erstaunlich wenig ironische, gesellschaftskritische Ansätze – das fällt auf. Die Künstlergruppe Gelitin hat Stofftiere auseinandergenommen und ziemlich verquer wieder zusammengesetzt. Der Wolpertinger hat offenbar Hochsaison, Deborah Sengl hat auf diese Weise ein zähnefletschendes Fantasietier in Tigergröße mit Antilopengeweih gemacht, und Gerald Tusch hat in eine Keramik auch Stofftier-Teile eingearbeitet.
Manch andere Tiere sind "echt". Ingrid Schreyer zum Beispiel hat als Sennerin gejobt und weiß aus unmittelbarer Anschauung, wie Kühe ausschauen, die sie jetzt malt. Edgar Honetschläger hat ein Huhn in ein Ledergewand gesteckt und Alois Mosbacher hat die Porträts von brütenden Hennen auf Garderobehaken gehängt.
Bevor man zu Brehms Tierleben greift, vielleicht doch lieber zu Katalog, den Jung & Jung herausgebracht hat. „Froschbärfant und andere Tiere in der Kunst“ kann man also nicht nur in der Galerie, im Studio, im Hof des Traklhauses und am Häusl bewundern, sondern auch ins Buchregal stellen.