Im Stehparkett der kleine Cohn…
SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST
08/02/11 … zerbirst vor lauter Illusion. Der kleine Cohn ward zum Gericht für das, was Kunst ist und was nicht: Christian Morgenstern hat es auf den Punkt gebracht. Die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst befasst sich von 18. Juli bis 27. August mit der Frage, was Kunst denn sei: „Kunst im Zeitalter der Globalisierung“ ist das Motto der ältesten europäischen Sommerakademie.
Von Heidemarie Klabacher
Schwarzafrikanerin, geboren in den USA, lebt in Basel, London und Ghana, ist Malerin, Performance- und Konzeptkünstlerin, Schriftstellerin und Aktivistin: „Bei einer Künstlerin wie Senam Okudzetos kann man allein im geographischen Sinn nicht mehr von einer europäischen oder afrikanischen Herkunft sprechen“, sagte Hildegund Amanshauser, die Leiterin der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst, heute Dienstag (8.2.) bei der Programmpräsentation.
Sei Kunst lange Zeit eher von der Sicht Europas und des Westens aus definiert worden (obwohl es Kritik am „Eurozentrismus“ auch schon einige Zeit gibt), gebe es heute ein „vielfältigeres Bild“: geprägt von „Menschen mit ganz unterschiedlichem Herkommen und ganz unterschiedlichen Zugängen zu Kunst“.
In einem internationalen Symposion „Globalkunst“ (29. bis 30. Juli), in einem Kurs „Reflexion über Kunst und Nichtkunst“ (geleitet von Mladen Stilinovic) sowie in den „Mittagsgesprächen“ stehe das Motto im Mittelpunkt. Sie freue sich aber, so Hildegund Amanshauser, wenn diese Überlegungen auch in die Kurse Eingang finden. „’Kunst’ unterscheidet sich heute für viele nicht mehr von ‚kultureller Produktion’“, so Amanshauser. „Die Frage ‚Ist das Kunst?’ hat für viele junge Leute keine Relevanz mehr.“ Auch sie halte die Frage „Was kann Kunst“ für entscheidender.
2011 wird es insgesamt 23 ein- bis vierwöchige Kurse geben. Wie mache ich eine Ausstellung? Dieser Frage wird erstmals ein eigener Kurs gewidmet: Die schwedische Kuratorin und Kritikerin Maria Lind wird „Geschichte und Praxis des Kuratierens“ lehren.
Ein Themenkreis umfasst „Konzept, Utopie und das Reale“: Konzepte spielen bei Peter Friedl (Konzeption der Bilder) und Senam Okudzeto (Konzeptuelle Zeichnung) eine Rolle. Den utopischen Charakter von Kunst unterstreichen Sabine Bitter/Helmut Weber mit "Urbanen Wunschproduktionen" und Christoph Schäfer, der "Zeichnen als Wunschmaschine" begreift.
Die Schmuckkünstlerin Lin Cheung befragt in ihrem Kurs "Das soziale Leben von Schmuck als Möglichkeit des Sehens" und Jo Ractliffe thematisiert die Frage nach dem Realen. Er will mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern "das Expressive in der Dokumentarfotografie" erforschen. Der in Mumbai lebende Künstler Jitish Kallat will in seinem einwöchigen "Off Course" die Studierenden dazu anregen, ihre eigenen konzeptuellen und künstlerischen Möglichkeiten zu schärfen und zu erweitern.
Die Themen Landschaft, Garten und Stadt werden sich auch durch die Sommerakademie 2011 ziehen: Véronique Faucheur und Marc Pouzol vom "atelier le balto" nennen ihren Kurs "Die Insel als Garten oder der Garten als Insel?" Weiters zu Gast sind Matts Leiderstam und Christian Phillip Müller.
Vier Künstler widmen der Malerei: Milena Dragicevic (Künstlerische Identität und die Suche nach dem Bild), Katrin Plavcak (Drei Bilder, die ich nicht so bald gemalt hätte), Hubert Scheibl (Malerei, Foto und Film) und Christina Zurfluh (Erweiterte Malerei, Malerei und Raum).
Mit spezifischen künstlerischen Techniken und Genres befassen sich Katrina Daschner (Performance und das Performative), Judy Fox (Figure Modelling), Denes Miklosi (Funktionen der Druckgrafik) und Hubert Maier/Knut Wold mit dem Steinbildhauersymposion im Kiefer Steinbruch Fürstenbrunn.
Die Sommerakademie sei ein wichtiger Kulturproduzent in Salzburg , der vor allem mit den kunsthistorischen und -theoretischen Veranstaltungen auf ein breites Interesse stoße: "Damit wirkt die Sommerakademie weit über die eigentlichen Teilnehmer und Teilnehmerinnen hinaus", so Kulturreferent David Brenner bei der Programmpräsentation. "Durch Lehrende aus 16 Staaten auf vier Kontinenten wird die Sommerakademie die Möglichkeit bieten, wieder sehr unterschiedliche Blickwinkel auf das zu eröffnen, was zeitgenössische Kunst heute ist."