Scharfblick in den Straßen der Welt
Von Reinhard Kriechbaum
Liebe ist eben zeitlos: Im Reichsmuseum hat der Meister-Schnappschießer Craig Semetko ein turtelndes Pärchen entdeckt – was die beiden einander wohl ausgerechnet vor Lukas Cranachs "Adam und Eva" ins Ohr flüstern?
In Paris, in Amsterdam, in Los Angeles, aber auch in Bangkok hat Craig Semetko seine Motive für die Serie "Street Life" entdeckt. In Bangkok hat er eine besonders skurrile Marktszene eingefangen, mit einem Elefanten und daneben zierlichen Thai-Mädchen – die Begegnung von Schwer- und Leichtgewichten …
Mein absoluter Favorit: Die Momentaufnahme einer rauchenden Frau irgendwo in Edinburgh, sie lehnt in der Haustür, und die Häuserzeile entlang blickend sieht man nur einen Roczipfel, eine Hand mit Zigarette und das eben in die Luft geblasene Rauchwölkchen.
„Keines der Bilder ist inszeniert. Sie sind alle spontan entstanden - manche von ihnen mit dem Wissen der Protagonisten, die meisten jedoch ohne", sagt der 1961 in Detroit geborene Craig Semetko. In den USA wird sein Name schon im selben Atemzug mit Henri Cartier Bresson genannt. Ihm verdankt Semetko auch seinen internationalen Durchbruch als Fotograf: Die gemeinsame Ausstellung: „Street Photography: From Classic to Contemporary - Henri Cartier-Bresson & Craig Semetko" in der Open Shutter Gallery in Colorado verhalf Semetko in kürzester Zeit zu Ruhm.
Was immer wieder Staunen macht an diesen Bildern ist die Verbindung aus Schnappschuss und fabelhafter fotografischer Perfektion: Das Schattenspiel von Fahrrädern an einer Amsterdamer Gracht, darüber ein Baum, dessen Laubkleid man Blatt um Blatt greifen zu können glaubt – das ist eines der wenigen Blätter im übrigen, in denen nicht Menschen die Hauptrolle spielen.