Alt und Neu mit feinem Abstand
ARCHITEKTURPREIS DES LANDES
23/09/22 Leider ist es schon der Normalfall, dass ein Sturm losbricht, wenn im Bereich der Altstadt auch nur die Rede ist von neuer Architektur. Der Architekturpreis des Landes ging diesmal aber an ein Projekt mitten im Welkulturerbe, das überhaupt nicht auf Widerspruch gestoßen ist.
Von Reinhard Kriechbaum
Gestern Donnerstag (22.9.) ist diese alle zwei Jahre zu vergebende Auszeichnung in der Höhe von 10.000 Euro im Architekturhaus Salzburg überreicht worden. Sie wurde dem in Innsbruck ansässigen Büro wiesflecker-architekten für die Generalsanierung des Franziskanerklosters zugesprochen. Auch ein Förderstipendium in der Höhe von 5.000 Euro wurde vergeben. Es geht an Felix Ganzer.
Man könne an der Restaurierung des Franziskanerklosters sehen, „was in diesem Metier gerade State of Art ist“, schrieben wir anerkennend nach einem Lokalaugenschein bei einem Tag der offenen Tür im April dieses Jahres. „Generell waren Respektabstände zwischen Alt und Neu das bau-praktische Credo. Im Stöckl hat man kein Glas direkt in die Arkaden eingebaut, sondern eine Glasfront vorgeblendet. Da wurde in der Tat kein historischer Nagelfluh-Stein angerührt. Selbst die Lichtschalter sind an frei stehenden Stelen positioniert. Natürlich hielt man auch mit allen Beton-Verschalungen Abstand zur historischen Substanz.“
„So kann es gelingen, die Stadt in all ihren Teilen, auch in ihrer Mitte, baukulturell lebendig zu halten“, befand die Jury, bestehend aus den Architekten Tiina Parkkinen, Verena Rauch und Peter Riepl. Der Entwurf für die Generalsanierung Franziskanerkloster stammt vom Büro wiesflecker-architekten zt gmbH. Für die technische Planung zeichnet sich die Brünner ZT GmbH verantwortlich.
Mit der Abwicklung des Architekturpreises des Landes ist die Initiative Architektur betraut, die nun im Architekturhaus (Sinnhubstraße 3) auch alle eingereichten Beiträge zeigt. Eine 56seitige Publikation dazu kann bei der Initiative Architektur bezogen werden.
Die Jurymitglieder sind viele Kilometer durch das Bundesland (vom nördlichen Flachgau bis Krimml) gefahren, um die 31 eingereichten Bauten vor Ort, gemeinsam mit den Architektinnen und Architekten, unter die Lupe zu nehmen. In die engere Wahl kamen neben dem Franziskanerkloster das Jugendgästehaus in Gerlos, eine mächtige Holzarchitektur mit niedrigen, dach-begrünten Seitenflügeln. Auch der Auenwerkstatt in Weitwörth, die sich im Gras besonders klein zu machen scheint und der man die Nachhaltigkeit rundum ansieht, ist einer der elf Projekte, die scvhließlich in die engere Wahl kamen. Pädagogische Hochschule in der Stadt Salzburg, die Erweiterung Kinderbetreuung Grünau (Wals-Siezenheim), ein Wohnbau an der Inhauser Straße (Stadt Salzburg), ein Wohnbau mit Kindergarten in Bischofshofen, eine Wohnsiedlung in Saalfelden, ein Seehaus in Zell am See, die Feuerwehr Köstendorf und die Neuinszenierung der Salzwelten in Bad Dürrnberg standen auch in engerer Wahl.
Der Architekturpreis des Landes wird seit 1976 vergeben, Salzburg war damals ein Vorreiter für eine solche Auszeichnung. Sie wird für bereits realisiert Bauwerke vergeben.
Das mit 5.000 Euro dotierte Förderstipendium des Landes ging an Felix Ganzer für sein Projekt „Soziale Interaktion durch architektonische Intervention, ein Handbuch zur prototypischen gemeinschaftlichen Entwicklung von sozialer Infrastruktur im öffentlichen Raum. LHStv. Heinrich Schellhorn bei der Übergabe der Preise: „Damit wollen wir alle zwei Jahre beispielgebende Leistungen im Bereich Architektur auszeichnen. Ziel ist es, die heimische Baukultur zu fördern, die erbrachten Leistungen zu würdigen und eine größere Öffentlichkeit für zeitgenössische Architektur zu erreichen.
Die Ausstellung zum Architekturpreis des Landes ist bis 28. Oktober im Architekturhaus Salzburg zu sehen. Führungen gibt es am 1.10. (im Rahmen der langen Nacht der Museen um 21 Uhr) sowie am 12. und 19. Oktober, jeweils 18 Uhr – www.initiativearchitektur.at
Bilder: Initiative Architektur / David Schreyer (1); Julian Höck (1); Peter Horner (1)
Zum Bericht
Die Ordens-Chefs in die Krankenstation
Zu den Hintergrund-Geschichten
Am „Frauengarten“
Der alte Brunnen der Petersfrauen
Weinkeller und Gestapo-Folterstelle