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Der Nazarener ist ein Picasso

ART & ANTIQUE

12/08/22 Man kann sich im Kunsthandels drauf verlassen, dass die Käufer nicht solche sind, die am Monatsletzten erhöhten Stromrechnungen entgegen bangen. Diese Sicherheit einer Branche sieht man der Kunstmesse Art & Antique in Salzburg in jeder der zwanzig Verkaufskojen an.

Von Reinhard Kriechbaum

Es gibt Orte, da vermag man sich von allen Bad News dieser Welt ganz wunderbar abzuschirmen. Der Kunsthandel hat nicht gelitten während der Corona-Zeit, und jetzt, da die Aktienkurven nach unten zeigen, scheint sich Kunst erst recht wieder als ein vernünftiger Anlagewert zu bestätigen.

Das Hofzelt in der Residenz und (wie schon im Vorjahr) der Carabinierisaal lassen also an Inseln der Seeligen denken. Horte, wo uns die Welt so kostbar und glänzend entgegentritt, wie man es zu diesem Anlass eben gewohnt ist.

Ganz heil ist die Welt freilich nicht, immerhin ist mit Hermann Nitsch jüngst einer der auch international nachgefragten, stabilen österreichischen Markt-Faktoren verstorben. Es wundert also gar nicht, dass man gleich nah dem Zelteingang, am Stand von Runge, auf Schüttbilder des Altmeisters stößt.

So wie gleich in der Koje gegenüber, bei Schütz, und daneben bei Lilly's Art. Und weiter bei Strassner. Und auch droben im Carabinierisaal bei Kovacek. Haben wir einen Nitsch übersehen?

Da macht der Meister aus Schloss Prinzendorf diesmal fast Alfons Walde Konkurrenz. Von dem sind nicht nur viele Winterlandschaften und Kirchgängerinnen da. Ein Walde-Winzling, gerade eine Handspanne klein, hängt bei Runge, eine Frauenallegorie mit dem Titel Erotik. Und weil wir schon beim Unerwarteten sind: Eine Madonna mit Kind, die man auf oberflächliches Hinschauen hin einem Nazarener des 19. Jahrhunderts zuschanzen würde, entpuppt sich bei näherem hinsehen als ein Picasso! Maternité ist eine Radierung von 1922, die Galerie Francaise bietet sie an.

Die einzige Salzburger Galerie bei Art & Antique ist L.Art, das Nachfolgeunternehmen der Galerie Weihergut. In deren Koje ist das Prada Girl von Dorothee Golz ein Blickfang. Die Künstlerin hat ins Hochglanz-Foto eines Models des Gesicht und die Kopfbedeckung aus einem 1465 von Petrus Christus gemalten Renaissancebildnisses montiert. Es hatte eben jede Zeit ihre modischen Vorlieben.

Wer auf Salzburg-Veduten aus ist, kann bei Giese & Schweiger zuschlagen, zwei nette kleine Biedermeier-Bilder von Johann Fischbacher hängen da. Georg Petzolt hat im 19. Jahrhundert immer tolle Natur-Durchsichten ausgemacht auf den Stadtbergen, durch die man auf die Altstadt blickt.

Im Fall eines Bildes bei Kovacek war der Maler auf dem Kapuzinerberg unterwegs, hat nicht nur eines der Befestigungstürmchen, sondern auch zwei Klosterbrüder verewigt. Dieses Bild war sogar schon im Salzburg Museum ausgestellt, als private Leihgabe.

Darf's ein ägyptischer Sarkophag sein oder doch eher ein Buddha? Eine Ikone, ein Renaissance-Hausaltar-Triptychon oder Schmuck? Alles da bei Art & Antique. Zwanzig Aussteller sind diesmal vertreten, im Sommer ist diese Kunstmesse ja viel kleiner dimensioniert als zu Ostern.

Art & Antique, von 13. bis 21. August im Hofzelt und im Carabinierisaal der Salzburger Residenz. Eintritt frei – Die Online-Broschüre – www.artantique-residenz.at
Bilder: dpk-krie

 

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