Die Muse küsst der Leguan
MotzArt-WOCHE / ALTINGER & LIEGL
01/02/10 "Platzende Hirsche" suggeriert als Thema vielleicht Jagd und Halali. Aber damit hat der hinreißende Abend des bayrischen Blödel-Duos angenehm wenig zu tun.Von Erhard Petzel
Michael Altinger und Alexander Liegl hirschen sich beim „28. MotzArt-Kabarett-Festival“ sehr allgemein und breit gefächert durch die Landschaft ihrer Männereien und bringen ihr Publikum mit einem vielfältigen Feuerwerk an Witz, Sprachblödelei und komödiantischem Nonsens zum Platzen.
Was zunächst als lose Aneinanderreihung assoziativ gesteuerter Themenketten mit unterschiedlicher Intensität an Durchführung daherkommt, gewinnt im stilistischen Chaos allmählich Struktur. Da gibt es Leitmotive wie Altingers narzistische Verkrampfung bei der Erwähnung seiner Frau, die durch hansihinterseeische Tanzshow zu entsprechender trivialbayrisierender Musikeinspielung gelöst wird, oder der Geldschein, als erotisch stimulierender Fetisch.
Immer wieder in neue Zusammenhänge gesstellt, bewirken diese Elemente eine durchaus musikalisch empfundene Rhythmisierung des Ablaufs der beiden Teile und damit ein tragfähiges Gerüst für die verqueren Inhalte. Zum Finale eine Engführung, wenn Alexander vorgibt, es mit Michaels Frau zu treiben. Worauf ein in Milch gebadeter Leguan, als Muse zur dichterischen Inspiration (eingewickelt in Alexanders Schmuse-Serviette, woraus sich ihr Geruch erklärt) und zum kognitiv gar nicht erfassten Phantom erklärt wird. Das mag alles verwirrend und idiotisch klingen, hat aber Bühnenwirkung mit narrativer Sogkraft.
Eine immer wieder die künstlerische Sendung Altingers konterkarierende "Innere Stimme", in romantischer Ironie als Fake Liegls entlarvt, wünscht zum Schluss emanzipiert gute Nacht: nachdem die absurd entwickelten Bühnen-Existenzen der Protagonisten durch nicht minder abwegige Aufklärung "erhellt" worden sind. Eine Nonsens-Ballade als Draufgabe und ein Resümee, das die Wirkung des Duos für das Publikum des Abends erläutert: Hier gewesen zu sein um wieder zu gehen.
Die herausragende Virtuosität der beiden liegt in dem Geschick, mit dem Trivialen zu spielen, ohne in plumpe Plattheit abzugleiten, blödeliges Entertainment zu bieten ohne auf den Geist zu gehen, vielmehr einen solchen als "Abfallprodukt" nebenbei anzubieten. Darin unterscheiden sie sich durchaus vom siebten Zwerg, der stellenweise als aktionistisches Vorbild Pate steht.