Ein ernstzunehmendes Theaterstück – oder was?!
KLEINES THEATER / RITA WILS’S WISSEN
07/10/13 Markus Steinwender inszeniert „Rita will´s wissen“, eine Komödie von Willy Russell über das Abtrainieren des gesunden Menschenverstandes im konventionellen Bildungsbetrieb. Der Regisseur hat mit erfolgreichen Inszenierungen wie etwa „Alte Liebe“ oder „Blackbird“ Appetit auf mehr gemacht.
Von Oliwia Blender
Dennoch gelingt es bei der jetzigen Produktion nicht, über die „wortwörtlichen“ und bemüht plakativen Hinweise auf Klassenunterschiede, Klischees und pathologische Missstände der „Unterschicht“, hinauszu-spielen und den Zuschauer mit der tatsächlichen Thematik zu berühren.
Ein Literaturprofessor (gespielt von Peter Malzer) wie aus dem Buche: ein Ex-Poet und Ex- Mann mit dem Drang die Studenten aus dem Fenster zu schmeißen. Mit einer ehemaligen Studentin liiert und den Lieblingshobies frönend - Whiskey trinken, heimlich rauchen und lamentieren, natürlich auf höchstem bildungssprachlichem Niveau - trifft er auf Rita. Diese bringt mit ihrer unverhohlenen Art seine vertraute Welt und Desillusion ins Wanken.
Rita lebt nach ihrem Mund und auch hier wird kein Stereotyp außer Acht gelassen. In blonder Perücke und als Friseurin „verkleidet“ tritt Elisabeth Nelhiebel auf die Bühne. Rauchend und fluchend überrascht ihre Darstellung leider nicht wirklich und büßt dadurch an schlauer Ironie ein. Rita möchte „alles“ wissen, um zu verstehen: Sich selbst, den Sinn des Lebens und die (Hoch-)Kultur. Sie hat hohe Ansprüche und einen sympathisch naiven „gesunden Menschenverstand“.
Leider ist es nicht so einfach, „Macht durch Wissen“ dazu zu gewinnen, derselbe Mensch zu bleiben und von den Menschen der eigenen Gesellschaftsschicht weiterhin akzeptiert zu werden. Die Kluft entsteht durch den Vergleich mit den Menschen im Friseursalon und ihrer Rolle als Ehefrau und Tochter mit vorgegebenen und fest verankerten Verhaltensweisen. Diskriminierung auch von Seiten der „höheren“ Bildungsschicht tragen dazu bei. Etwa die Legitimierung des Alkoholkonsums: Beim Herrn Professor ist das ganz in Ordnung, im Gegensatz zum Alkoholmissbrauch im bildungsfernen Milieu. Auch die Abwertung etwa von Ritas freimütiger Art auf Fragen zu antworten - „unbrauchbar“ im wissenschaftlichen Bereich - demonstriert eine diskriminierende Klassengesellschaft.
Eigentlich ist die Thematik des Stücks, wie sie es vielleicht vor zwanzig Jahren in Großbritannien war, heute auch bei uns präsenter denn jeher. Und vielleicht besteht darin auch die Schwierigkeit der parodistischen Darstellung und Vermittlung. Die Zitate und intertextuellen Verweise auf Weltliteratur, philosophische Ideen und wissenschaftliches Arbeiten sind dennoch sehr klug.
Und außerdem muss fairerweise hinzugefügt werden, dass einige im Publikum sichtlich amüsiert waren und den Witz besser verstanden als andere.