asdf
 

Auf der Suche nach sich selbst

THEATER ECCE / PEER GYNT

27/09/13 Mit Henrik Ibsens „Peer Gynt“ geht die Reinhold Tritschers „Theater Ecce“ im „Odeion“ bis an die Grenzen seiner Möglichkeiten und darüber hinaus.

Von Werner Thuswaldner

081Die Ankündigung bereitete das Publikum darauf vor, dass es die Verwirklichung eines Großprojekts erleben würde: „Das Theater Ecce inszeniert ‚Peer Gynt’ als großes inklusives Projekt mit Menschen mit Behinderung, Jugendlichen, Menschen mit Psychiatrieerfahrung, ProfischauspielerInnen, AkrobatInnen und Live-MusikerInnen in circensischer Umsetzung.“

Tatsächlich hat Reinhold Tritscher, wie die Premiere am Donnerstag (26.9.)im „Odeion“ in Mayrwies bewies, ein umfassendes Spektakel in Szene gesetzt, an dem rund dreißig Mitwirkende beteiligt sind. Ibsens „Peer Gynt“ stellt normale Theater vor größte Herausforderungen, viel mehr noch eine Gruppe höchst unterschiedlicher Beteiligter, die vom Spielleiter erst einmal zu einer Einheit zusammengeschweißt werden müssen. So gesehen ist der Erfolg ganz außerordentlich.

In weit über drei Stunden entfaltet sich die Geschichte des Taugenichts und Großsprechers Peer Gynt, der zuerst in seiner norwegischen Heimat auf dem Land sein Unwesen treibt, bevor er in die große Welt aufbricht, um seinem Wahn, Kaiser von allem zu werden, in die Realität umzusetzen.

082Auf seinem Weg hat er es mit dumpfen Dorfleuten zu tun, mit lebenshungrigem Weibsvolk, mit Trollen, Affen, Spekulanten, Tollhäuslern, Schiffbrüchigen und vielen mehr. Eine der seltsamsten Begegnungen ist jene mit dem „Knopfgießer“. Der ist hinter Peer Gynt her und droht ihm, ihn in einer kleinen Kelle zu einem neuen Charakter zu einer neuen Persönlichkeit „umzugießen“. Dies betrifft Peers Grundproblem: Er ist auf der Suche nach sich selbst. Das drückt sich besonders in einer Szene aus, in der er eine Zwiebel schält und draufkommt, dass es unmöglich ist, auf einen Kern zu stoßen.

Aus der bizarren Personage sticht eine Figur heraus, die Konstanz und Besonnenheit verkörpert: Es ist das aus einer pietistischen Familie stammende Mädchen Solveig. Der Unruhgeist Peer ist einer Partnerschaft mit ihr nicht gewachsen. Erst ganz am Ende seines Lebens finden die beiden zusammen.

Die Gefahr bei einer Peer Gynt-Produktion besteht darin, dass die aus vielen Episoden bestehende Geschichte zerbröselt. Den Besuchern der elf noch bevorstehenden Aufführungen ist auf alle Fälle zu empfehlen, Ibsens Stück oder wenigstens eine genauere Inhaltsangabe zu lesen.

Ein verblüffend einfaches Bühnenbild aus Stäben (Alois Ellmauer), die eine Gebirgslandschaft zu formen scheinen, erweist sich, verschieden ausgeleuchtet, als überaus praktikable, stimmungsvolle Kulisse. Bedrohlich schaut sie in der Welt der Trolle aus, wie die Silhouette der Pyramiden wirkt sie, wenn es um eine Episode in Kairo geht.

083Viele dieser kleinen Szenen, etwa Peers Umgang mit seiner Mutter, die Bemühung eines jungen Mannes, sich vor dem Dienst in der Armee zu drücken, das Auftauchen der Affen, Peers Zusammenreffen mit einer Wüstenschönheit, der Schiffsuntergang, sind Glanzlichter des Abends, Anderes ist weniger deutlich herausgearbeitet. Aber der Eindruck, dass flirrende Fantasie das Geschehen bestimmt, mit Peer, der zwischen Übermut und Zerknirschung sein Leben durchlebt, als Helden, bleibt immer präsent.

Ein überzeugendes Ensemble ist am Werk, jede, jeder ist nach ihren, nach seinen Fähigkeiten eingesetzt. Sie spielen fast durchwegs verschiedene Rollen. Die Musiker tragen zur Farbigkeit der Aufführung wesentlich bei.

Jurij Diez ist als Peer ein starker, beweglicher Charakter mit weit gespannten Ausdrucksmöglichkeiten. Es sind an diesem Abend verschiedene Akzente zu hören. Das stört keineswegs, so lang die sprachliche Präzision einigermaßen gewahrt bleibt. Hoffentlich bekommt die Unternehmung in den kommenden Tagen die Publikumsresonanz, die sie verdient.

Peer Gynt - elf weitere Aufführungen im Odeion bis 27. Oktober - www.odeion.at
Bilder: Theater Ecce / Hauch

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014