Legal, illegal, scheißegal
MOTZART / DIE STAATSKÜNSTLER
10/04/13 Leicht hat man es nicht als „Staatskünstler“: beständig die Hand beißen zu müssen, die einen füttert… Im Trio trifft’s – wieder einmal – den armen Robert Palfrader, der prompt vom Podium klettert und sich jemanden aus dem Publikum aussucht zum herzhaften In-die-Hand-Beißen.
Von Reinhard Kriechbaum
Staatskünstler haben eben ihre ungeliebten Netzbeschmutzer-Pflichten, aber Florian Scheuba ins Publikum: „Ihnen wird der Beruf auch nicht immer nur Freude machen“. Am Dienstag (9.4.) haben wir beim MotzArt Kabarettfestival in der ARGEkultur so richtig mitfühlen dürfen bei ihrem Schwerstjob, der da heißt „Österreich vernadern“. Das klassische Kabarett-Format wäre ja die Doppelkonference. In Zeiten wie diesen, da die Politik sich überschlägt mit Realsatiren, ist wahrscheinlich eine Dreiergruppe zu klein, um wirklich Schritt zu halten.
„Bist im ORF, bist ein Staatskünstler!“ Es braucht solche Mannen wie Thomas Maurer, Robert Palfrader und Florian Scheuba als Bewohner der Staatskünstler-Villa. Die stünde sonst womöglich leer, „nachdem Elfriede Jelinek übersiedelt ist ins Internet“. So nebenbei: eine ganz neue Erfindung scheint der Staatskünstler nicht zu sein, man denke nur ans „Modell Grillparzer“ (dichtender Beamter, pragmatisiert). Die Deutschen haben das freilich getoppt, „Goethe war sogar Minister“. Zur Nachahmung empfohlen? Maurer, Scheuba und Palfrader haben so ihre Ideen, was unsere Minister dichten könnten, wenn sie sich nicht gerade mit Korruption beschäftigen. Und was solche Machenschaften angeht, hält es ja mancher Politiker so ähnlich wie die Promi-Lobbyisten in unserem Land: „Legal, illegal, scheißegal…“
Ein kabarettistisches Promi-Format aus dem ORF bei MotzArt, wo man traditionellerweise auf kabarettistische Exklusivität (sprich: auf Erstaufführungen von Programmen, zumindest für Salzburg) setzt? Bei den „Staatskünstlern“ ist es so, dass sie erstens ja mit einem „Update 2.0“ durch die Lande ziehen. Und – zweitens – scheiben die drei auf der Kabarettbühne Dinge heraus, die im ORF wahrscheinlich nicht so ohne weiteres durchgingen. Der Palaver ist oft ziemlich scharf. Auf der Bühne wirken die drei deutlich an- und untergriffiger.
Gut, dass es Medien gibt wie die Krone: Sie gibt „unserem Bundeskanzler die Möglichkeit nachzulesen, was er denkt“. Dass in einer der Szenen ein Innenpolitik-Redakteur der Krone leibhaftig, sprich als Vollkoffer anwesend ist, wird in dem Medium vermutlich nur für mäßig gute Kritiken an Maurer, Palfrader und Scheuba sorgen. Vielleicht hält sich auch in der „Österreich“-Redaktion die Begeisterung über die Staatskünstler in Grenzen. Kommt „Österreich“ für eine Strafverfolgung nach Paragraph 248 – da geht es um die Herabwürdigung von Staatssymbolen – in Frage? Fazit der Staatskünstler: „Es ist ein Unterschied, ob ich der bin, der auf die Fahne sch…, oder das, was danach auf der Fahne liegt.“
Vielleicht wäre Glücksspiel eine Option für Gabi Burgstaller und Salzburg? An guten Ideen der Kabarettisten fehlt es natürlich nicht, gerade wenn sie an diesem Ort auftreten. Hier in Salzburg haben sie die Plakate mit der Aufschrift „Ich kämpfe um Ihr Vertrauen“ entdeckt. Florian Scheuba trocken: „Ja, das glaub ich.“
Manche Dinge werden als Film eingespielt, etwa jene hübsche Episode, die uns „Mary und Michl“ zeigt, das Dreamteam aus „Liebesgeschichten und Alltagssachen“: Claudia Kottal und Nicholas Ofczarek sind ja TV-bewährte Mitstreiter der Staatskünstler, und die beiden lassen uns teilhaben an Szenen einer rot-grünen Wiener Ehe. Das Glück ist eben a Vogerl, und dass der Staat am Glücksspiel mitschneidet vermutlich ein Glücksfall für die Naturbeobachtung. „Da kann man mit verfolgen, wie aus einarmigen Banditen zweiarmige werden.“ Unsereiner hat da freilich nichts zu lachen, und darüber lässt Palfrader das Publikum nicht im Unklaren: „Es gibt keine Pointe, nicht in Ihrem Leben.“