Verkauft Salzburg ... oder?
LANDESTHEATER / FESTIVAL „MENSCHEN MARKT“
15/01/13 Mit der „Bürgerbühne Salzburg“ wolle man „politische Themen aus Salzburger Perspektive fassen“, erklärt die Dramaturgin und Theaterpädagogin Angela Beyerlein. High-Noon für dies bürgerbewegte Truppe von Laienschauspielern ist das Festival „Menschen Markt“ von 25. bis 30. Jänner.
Von Reinhard Kriechbaum
Es ist die dritte Spielzeit, in der das Salzburger Landestheater eine sozialkritische Themenwoche in Angriff nimmt. Das erste Festival „Fremde Heimat“ im Mai 2011 beschäftigte sich mit Schicksalen und Erlebnissen von Flüchtlingen und Migranten. Im Vorjahr hat man unter dem Titel „Besetzt Salzburg! – Licht und Schatten“, inspiriert von der „Occupy“-Protestwelle, soziale Unterschiede unserer Gesellschaft unter die Lupe genommen. Mit dem Veranstaltungsbündel „Menschen Markt“ wolle man nun der „Phänomenologie der Spekulation“ nachgehen, so Intendant Philip von Maldeghem. Das Thema ist ja schon im Herbst mit dem Stück „Wir gründen eine Bank“ angerissen worden, diese Aufführung wird zwei Mal beim Festival „Menschen Martkt“ in der letzten Jänner-Woche gegeben.
Am 25. Jänner wird „Sale“ von Georg Heinzen in den Kammerspielen uraufgeführt. Es ist eine „Farce über den Ausverkauf eines Landes mit aberwitzigen Konsequenzen“. Man ist wohl unangenehm nah an der wirtschaftspolitischen Wirklichkeit.
Über fünfzig Menschen haben sich fürs Bürgtheater zuletzt angemeldet, man beschäftigt diese Gruppe nun nicht nur in „Wir gründen eine Bank“. „Die Macht des Geldes“ heißt ein weiteres Stück, mit dem die Bürgerbühne „der Absurdität der Beziehung des Menschen zum geld“ nachgeht, wie es die Dramaturgin Astrid Großgasteiger (im Bild links mit Angela Beyerlein) formuliert. Das Stück sei angesiedelt „zwischen Finanzskandal und persönlicher Sinnkrise“.
Es gibt Publikumsgespräche und eine musikalisch-literarische Matinee „Ohne Moos nix los“ mit Landestheater-Schauspielern. Aus Wien hat man eine freie Theaterproduktion eingeladen. „Von Hollywood nach Uganda“ spürt auf satirische Weise der Kapitalisierung von Kindersoldaten und Sexsklavinnen nach.
Ist Menschenwürde und unsere Finanzwelt überhaupt noch irgendwie in Übereinstimmung zu bringen? In der Projektwoche soll es menscheln, das heißt: Salzburger in Gestalt der Akteure in der „Bürgerbühne“ sollen ihre Erfahrungen und Sichtweisen einbringen. Die Bürgerinnen und Bürger seien eben, wie man betont, „nicht nur Adressaten, sondern auch Spezialisten“, gehe es doch „stets um deren Lebensrealität, ihre Geschichten und Visionen.“ Die Teilnehmer an der Bürgerbühne Salzburg sind zwischen 18 und 79 Jahre alt, Arbeiter, Arbeitslose, Studenten, Anwälte, Hausfrauen, Rentner. „Sie alle möchten im Diskurs gesellschaftliche Umstände hinterfragen und ihre Zukunftsvorstellungen, Wünsche und Utopien erkunden.“ Das Salzburger Landestheater schafft dafür Raum und bietet den Mitspielern Diskussionsforen sowie ein darstellerisches Basistraining an.
In einem Pressegespräch am Dienstag (15.1.) hat Landestheater-Intendant Carl Philip von Maldeghem auch auf weitere Uraufführungen hingewiesen, die sich Mitte März massieren werden. Da ist einmal der Schwerpunkt „Dichter am Theater“. Das ist doppeldeutig gemeint. Erstens sollen junge Leute „dichter ans Theater“ herangeführt werden, zweitens sind zwei Uraufführungen blutjunger Textschreiber vorgesehen, die in der Probenphase in Salzburg sein werden. Die 21jährige Elsa-Sophie Jach hat einen Einakter „Bildstörung.“ geschrieben, Jakob Nolte ein kurzes Stück mit dem Titel „Agnes“. Beide haben an einem Studiengangs in Berlin unter der Leitung des Erfolgsautors John von Düffel teilgenommen. Astrid Großgasteiger und Claus Tröger werden Regie führen, Uraufführung ist am 15. März. Tags darauf die Uraufführung des Musiktheaters „18 Tage …..“ von Hossam Mahmoud. Der Ägypter hat darin Begebenheiten der Revolution in Ägypten im Jänner 2011 verarbeitet. Unter der musikalischen Leitung von Peter Ewaldt spielt ein elfköpfiges Ensemble im Marionettentheater, der Komponist selbst spielt Oud. Dass man terminlich mit Veranstaltungen der Salzburg-Biennale kollidiert (die ja auch das Musiktheater als Schwerpunkt hat), ist ein kleiner, nein, eigentlich ein größerer Schönheitsfehler. Vor zwei Jahren haben Landestheater und Biennale immerhin noch kooperiert.