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Mit Schwung und Schnauze

LANDESTHEATER / SOMMERNACHTSTRAUM

03/10/11 Der Schauplatz: Ein riesiges Spinnennetz zwischen zwei Handymasten. Genauer, zwischen zwei Pflanzen-Mutanten, die ausschauen wie Handymasten. Dass der „Saft“ der Zauberblume in diesem „Sommernachtstraum“ aus der Spritze und Puck als kettenrauchender Halbstarker daher kommt, ist stimmig.

Von Heidemarie Klabacher

altDie Location erinnert entfernt an eine überstandene Atom- oder Umwelt-Katastrophe. Die Blumen derrappeln sich, schießen sogar ein wenig ins Kraut. Auch die Menschen - beinah hätte man geschrieben: die Überlebenden - haben den Humor nicht verloren: „Ein Sommernachtstraum“, wie er in der Regie von Carl Philip von Maldeghem im Landestheater Premiere feierte, wurde ob seines mitreißenden Schwungs ganz zu recht lautstark bejubelt. Der Unterhaltungswert ist enorm.

Allfällige „Sehnsucht nach Poesie“ bleibt freilich gnadenlos ungestillt.

altCarl Philip von Maldeghem hat eine eigene Salzburger Textfassung erstellt - heftig deftig - die sich viel stärker am Shakespear’schen Originaltext, denn an der uns so vertrauten Übersetzung von August Wilhelm Schlegel zu orientieren scheint. Und das sind wir nicht gewohnt. Wir wollen unseren Sommernachtstraum gerne „poetisch-romantisch“. Davon ist in dieser Produktion nicht viel zu spüren.

altWas aber nicht am Text liegt. Der Text - mit viel mehr und viel direkteren als den gewohnten schamhaften Zoten und Zötchen - hat Schwung und Drive. Die Dialoge kommen wohl locker und flapsig daher, sind aber im Duktus den jeweiligen Figuren (und der Welt aus der sie stammen) hervorragend angepasst. Dazu kommen, wie Blicke durch das Fernrohr auf Sterne, die - längst verglüht - noch ihr Licht senden, ein paar Einsprengsel „originalen“ Shakespeares a la Schlegel. Die Salzburger Fassung ist also brillant gemacht, verlockt zum direkten Vergleich verschiedener Übersetzungen mit dem Urtext - und ist vermutlich eine gute Einstiegshilfe nicht nur für jugendliche Theaterbesucher.

Dennoch vermisst: der Zauber einer Sommernacht.

Die jungen Liebenden sind lieb anzusehen auf ihrer wirren Liebes-Schnitzeljagd, bleiben einem aber in ihren Sorgen und Nöten ziemlich egal: Ohne Poesie sind es doch nur ganz gewöhnliche Jugendliche - und die müssen halt durch, durch die Krämpfe der ersten Liebe.

altUlrike Walther und Christoph Wieschke scheinen als Athener Fürstenpaar Hippolita und Theseus starke gegenseitige Anziehung durch Coolness kaschieren zu wollen. Auch als Oberon und Titania, Herrscherpaar im Elfenreich, scheinen sie sich - trotz allen Elfen-Torts den sie sich antun - einander stärker als in sonstigen Produktionen zugeneigt zu sein. Leider müssen sie grad’ als Elfen besonders unvorteilhafte, vielleicht theoretisch für Hunger-Models beiderlei Geschlechts erdachte, Kostüme tragen.

Der Puck dieser Aufführung kommt als intellektuell etwas zurückgebliebener Halbstarker daher. Dargestellt wird er von Shantia Ullmann, die vor lauter Bemühen, sich nur recht burschikos zu gebärden, auch nicht in die Nähe von „schauspielen“ kommt.

Bleiben die Handwerker. Sie heißen diesmal ganz anders, tragen nämlich getreue Übersetzungen der Shakespeare’schen Namen: Peter Quitte (Peter Quince - Gero Nievelstein), Nick Hinterteil (Nic Bottom - Marco Dott), Franzi Flöte (Francis Flute - Sebastian Fischer), Toni Schnauze (Tom Snaut - Claudia Carus), Schnuckelig (Snug - Axel Meinhardt) und Robin Hungerhaken (Robin Starveling - Nicole Viola Hinz).

Peter Quitte als dem modernen Regietheater anhangender Spielleiter strebt für das Stück, das bei der Hochzeit des Fürstenpaares aufgeführt werden soll, nach der „Verlobung von Avantgarde und Tradition“. Er hat seine Truppe geschlossen gegen sich: Sie wollen statt der traurigen Komödie um Pyramus und Thisbe viel lieber eine flotte Musical-Show abziehen. Das machen sie alle zusammen dermaßen hinreißend und witzig, dass das Rüpelspiel beinah zum Hauptabendprogramm im Landestheater wird. (Wie es mit dem Stück der Handwerker weitergeht, zeigt das „handgemachte“ Musical „Nightfever“ in den Kammerspielen.)

Ein "Sommernachtstraum" jedenfalls mit Witz und Schwung.

Bilder: Salzburger Landestheater / Christian Schneider
Zur Besprechung von „Nightfever“ {ln:Thisbe bleibt Gaga}

 

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