„Weißt du noch…?“
KLEINES THEATER / ALTE LIEBE
30/09/11 Das Stück könnte genauso gut „Tiefe Liebe“ heißen. Wie dem auch sei: Das Schauspiel nach dem Bestseller von Elke Heidenreich und Bernd Schroeder war am Donnerstag (29.9.) im Kleinen Theater als Österreichische Erstaufführung zu sehen. Eine gelungene Inszenierung mit sehr „menschelnden“ Inhalten.
Von Ursula Trojan
Vom Wohnzimmer aus betritt man den Grünstreifen, Harrys liebevoll gehegtes Reich. Später wird er darüber sinnieren: „Lieb ich meinen Garten mehr als Lore?“ Lore hat keinen grünen Daumen, ihre Welt ist die der Bücher. Vierzig Jahre sind sie nun schon zusammen, die Bibliothekarin und der nun pensionierte Architekt. Durch dick und dünn sind sie gegangen, haben hart an der Front der 68’er für ihre Ideale und gegen „spießige Spielregeln“ gekämpft. Wo sie sich einst kennen gelernt haben, ist nicht so ganz klar. Harry behauptet, es wäre eine Dichterlesung gewesen, Lore kontert mit: „Es war eine Vernissage!“ In diesem Fall ist man versucht, ihr zu glauben… Eine Tochter, mittlerweile 36, haben sie großgezogen. Glorias Lebenswandel ist ein gewaltiges – und wichtiges – Gesprächsthema, das bis zur Fassungslosigkeit beider Elternteile reicht: „Was haben wir falsch gemacht?“ Gloria will zum dritten Mal heiraten, diesmal einen stinkreichen Geldsack. Lore telefoniert stundenlang mit ihrer Tochter, während Harry heimlich den neuen Schwiegersohn googelt. Etwas ratlos bereitet sich das Ehepaar mit vielem Hin- und Her auf diese schwülstig-pompöse Hochzeit vor.
Im Kern keimt aber die Thematik (und Problematik) des Älterwerdens. Genau genommen des zusammen Älterwerdens. Susanna Szameit und Peter Malzer führen in berührend menschlicher Erzählweise durch ihr Gefühlsleben. Dies geschieht teils in Dialogen, die manchmal sehr situationskomisch, weil so Paar-typisch sind. Zum anderen Teil wird der Zuschauer in den dazwischen gesetzten Monologen zum Mitwisser, besser noch: zum Mehr-Wisser. Besonders heiter sind die Passagen, in denen der eine darüber nachdenkt, worüber sich der andere wohl Gedanken macht – und kurz darauf der Partner die Auflösung bringt.
Regisseur Markus Steinwender lässt seine beiden Protagonisten mit liebevollem Touch beichten, hadern und zweifeln – auch aneinander. Das Lustig machen über den anderen ist nie verletzend. Lores Drohung „Ich lass mich scheiden, wenn er einen Laubbläser anschafft!“ darf demnach auch nur als rhetorisch gemeint aufgefasst werden. Das Publikum lacht dazu verschwörerisch, doch ist das Verständnis für beide Seiten immer da. Tief haften bleibt Harrys Äußerung: „Der Satz ,Weißt du noch?‘ ist das Schönste am langen Zusammenleben.“