Wenn irgendwas pustet, ist es vorbei
TOIHAUS / DER TIGER GEHT ÜBER DEN TEPPICH
31/01/22 Erinnern Sie sich an die Benzin-Werbung mit dem „Tiger im Tank“? Damit war Energie pur gemeint. In Arturas Valudskis' neuem Theaterstück Der Tiger geht über den Teppich ist bei den beiden Protagonisten aller Saft draußen. Leichte Opfer für Tiger, wo und in welcher Gestalt solche auch immer lauern.
Von Reinhard Kriechbaum
Zuerst sitzen Martin Bermoser, Nicola Schößler da und erzählen vom Aufstehen. Aber was gibt’s schon viel zu berichten zwischen Zähneputzen und dem Griff zum Kaffeehäferl? Mehrere vergebliche Anläufe. Die Stimme setzt aus, das Gedächtnis wohl auch. Dann kommt Action hinein, denn Bermoser wandelt sich in einen Papagei, denn der merkt sich einiges und plappert entschieden zu viel – keine Freude bei denen, die sich bloßgestellt fühlen, und schlechte Karten für den gefiederten Geheimnis-Verräter. Egal ob Mensch oder Papagei. Da sind zwei, denen das Leben irgendwie vor den eigenen Augen und unter den Händen zerfließt. Ein kleiner Flirt. Ihm fällt zu ihrem Gesicht Picasso ein.
„Aber im Inneren bin ich ganz symmetrisch“, versucht sie den Kubismus zu relativieren. Aus dem Tete-a-tete wird nichts, und es geht auch sonst in dieser Folge von verheerend-komischen Begebenheiten alles gründlich daneben. Sie und er, beide bleiben letztlich alleine übrig. Das Repertoire des Traurig- bis Verzweifelt-Dreinschauens wird ausgereizt. Warum zuletzt doch gelacht wird, ein wenig verlegen und doch irgendwie auch befreiend, verraten wir hier nicht. Die kurzen Spielszenen, einmal zugespitzt auf knappe Aphorismen, dann wieder etwas breiter aufgefaltet, haben immer sehr reale Ausgangspunkte. Und doch wirken sie wie aus dem historischen Archiv des absurden Theaters zusammengepuzzelt. Absurd, wie das Leben einsamen Seelen mitspielt. Ein Mal beklagt sie ihr „Pusteblumen-Dasein“ und diagnostiziert treffend: „Wenn irgendwas pustet, ist es vorbei.“