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Keine Brücke über die Drina

SCHAUSPIELHAUS / SREBRENICA

25/03/18 Ein zaghafter Ansatz von Applaus ist gleich wieder erstorben. Mit Stillschweigen hat das tief beeindruckte Publikum im Studio des Schauspielhauses am Freitag (24.3.) die Premiere von „Srebrenica“ kommentiert. Das war nicht nur passender Tribut an 8.000 Opfer eines Genozids, sondern auch an eine beeindruckende Aufführung.

Von Reinhard Kriechbaum

Der Autor Hasan Nuhanović hat als noch nicht 25jähriger in Bosnien den Genozid der Serben an gut 8.000 Burschen und Männern in der trügerischen UN-„Schutzzone“ Srebrenica erlebt und (als einziger seiner Familie) überlebt. Hautnah war er als Übersetzer in UN-Diensten dabei, und es ist ihm doch nicht gelungen, seinen Bruder und seine Eltern zu retten. Die Chronik der Begebenheiten hat er 2005 veröffentlicht („The Last Refuge“, englisch 2007). Zwischen 2010 und 2013 haben er und andere Überlebende einen Prozess angestrengt gegen die Niederlande. Die niederländischen Blauhelme, angesichts der Kriegshandlungen hoffnungslos überfordert, hätten sehr genau gewusst um die Gefahr für die muslimischen Bosnier und sie trotzdem den Serben ausgeliefert. Hasan Nuhanović wurde Recht gegeben, der niederländische Staat verurteilt.

In der Regie von Peter Arp ist nun im Schauspielhaus Salzburg eine Bühnenfassung zu sehen, die deutlich mehr ist als die persönliche Erinnerung und Abrechnung eines Betroffenen mit einem Stück Zeitgeschichte. Hat man nicht im Grunde gleiche Situationen eben erst aus Syrien mitbekommen? Kriegshandlungen, Serienmorde an Zivilisten, dazu eine UNO, deren Eingreifen viel zu lange (nicht nur) am Widerspruchs Russlands scheiterte. Das war im Bosnien-Krieg nicht anders, als die Russen mit den Serben sympathisierten.

Die Aufführung im Schauspielhaus spricht diese Parallele nicht plump an. Diese drängt sich ohnedies auf. In ein denkbar nüchternes Setting hat man Hasan Nuhanović' Text gestellt. Eine Holzmull-Spielfläche, einige weiße Stelen. Da berichten der Autor als Ich-Erzähler (Matthias Hinz) und eine weitere Erzählerin (Ulrike Arp) von dem Ungeheuerlichen. Ute Hamm, Antony Connor und Magnus Pflüger sind die Familie Nuhanović und übernehmen auch andere Rollen. Das sind durchwegs sachliche, knappe Spielszenen, Berichte, Zustandsschilderungen.

Zwei dichte Stunden vor allem deshalb, weil Regisseur Peter Arp mit Strenge die Emotion kontrolliert: So krass Hasan Nuhanović die Begebenheiten beschreibt, wird daraus kein Theater, das auf die Tränendrüsen drückt oder auf die Pseudo-Betroffenheitsschiene führt. Es ist zuallererst nüchterne journalistische Recherche, natürlich geschärft mit der Emotion eines Augenzeugen und Betroffenen. Oft auf einem hohen Gefühlspegel, ja, aber nie so, dass man all das für eine Zuspitzung, gar Überzeichnung hielte. Sparsame Video-Einspielungen von historischem Material und von einer Recherche-Exkursion des Ensembles im Vorjahr untermauern das gesprochene Wort.

Bemerkenswert, dass Hasan Nuhanović ja wenig mit dem wirklichen Feind, den Serben, abrechnete. Sein Augenmerk galt der UNO, der Vergeblichkeit der Blauhelme-Präsenz, wenn dahinter nicht wirkliches politisches Wollen steht. Wichtig also auch der letzte Satz der Erzählerin, dass die niederländischen Einsatztruppe aus Menschen in den Zwanzigern bestand, die ihrerseits um ihr Leben fürchteten. Der Theaterabend wirkt nach und evoziert Bilder, gerade weil er auf Bilder-Malerei verzichtet.

Aufführungen bis 20. April im Studio des Schauspielhauses – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus Salzburg / Jan Friese

 

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