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Viel Holz vor der Hütt'n

WINTERFEST / LA COSA

14/12/17 Sorry, eine kleine Irreführung. Es ist nämlich nicht so, wie Sie denken. Schon deshalb nicht, weil keine Frauen mit im Spiel sind. Es geht um vier Herren in Anzügen. In ihrer Performance „La Cosa“, als österreichische Erstaufführung nun beim Winterfest im Volksgarten zu Gast, gehen sie einzig ihrem Ding nach: dem Holz.

Von Reinhard Kriechbaum

Eigentlich müssen sie ihm nicht nachgehen, sie sind ja schon davon umzingelt. Einer sitzt in einem Haufen aus Scheiten, dass nur noch der Kopf herausschaut. Ein anderer liegt da und hat die Holzstücke über sich geschichtet wie eine Decke. Der dritte hat die geklobenen Stücke dicht an dicht hochkant gestellt und nutzt sie als Liegestatt. Kann auch nicht bequem sein. Und der vierte? Man darf ihn in einem schlanken Holzturm vermuten und wird nicht enttäuscht.

Da ist also erst mal Befreiung angesagt, und die passiert mit sanftem Klack-klack einzeln herabfallender oder beiseite geschubster Scheite. Oder auch mit Vehemenz, dass die Materie nur so fliegt. Gar nicht zu trauen ist anfangs dem Blondschopf mit der Brille. Er zieht, misstrauisch beäugt von den anderen, ein ums andere Scheit aus einem kunstvoll zum Rundbogen aufgebauten Gebilde. Hält eh lang, aber dann bricht es, wie so viele ehrgeizige Konstrukte in diesen sechzig Minuten, in sich zusammen.

Einen Turmbau zu Babel würde man der Truppe um Claudio Stellato jederzeit zutrauen. Nur dass es keinen Gott braucht, um ein Emporwachsen in den Himmel zu verhindern. Das machen diese Leute in ihrem Übereifer schon selbst. Diese wie die Berserker sich gerierenden Holzwürmer sind besessen vom Material. Wenn sie einen Holzhaufen von einer Seite zur anderen befördern, wirkt das nicht minder manisch als ihre Versuche, auf waghalsigste Weise Türme zu bauen und auszubalancieren.

Viel Schweiß fließt bei diesem Kräftemessen zwischen Mann und Holz, bei dem letztlich doch die Schwerkraft immer übers Ingenieering siegt. Das ist es, was der Erwartung an den Nouveau Cirque eigentlich diametral widerspricht. Man wartet eine Stunde lang, dass sich „La Cosa“ endlich in eine verspielte Jonglage wandelt. Oder dass ein Gebilde entsteht, auf dem man wenigstens balancieren könnte. Nichts da. Destruktivität pur.

Das hat also eine eigenartige Ausstrahlung von fanatisch ein- und freigesetzter Energie. Man kann sich auch an kleineren Holzstücken andauernd den Kopf einrennen. Selbst, wenn die Herren in ihren Anzügen (die merklich gelitten haben in den vorangegangenen Aufführungsserien) zum Beil greifen, droht das Holz Oberhand zu gewinnen über den Menschen. Im übrigen pflegen die vier recht eigenwilligen Umgang mit der Hacke, letztlich reißen sie die größeren Holzstücke mit Muskelkraft auseinander. Sehr archaisch.

Zu viert dreschen sie dann auch mit den Beilen auf einen Stück Baumstamm ein, so dass die Hackschnitzel nur so stäuben. So, wie sie keine Artisten sind, sind sie auch keine Musiker. Der Rhythmusgruppe Stomp machen sie also mit ihrem Holzpecken nicht wirklich Konkurrenz. Nach dieser Nummer haben die lustigen Holzhackerbuam schon einiges auf dem Kerbholz – auch ohne Holz vor der Hütt'n. Und die Botschaft, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen dürfen, die bringen sie zu hundert Prozent rüber.

Aufführungen bis 22. Dezember beim Winterfest im Volksgarten – www.winterfest.at
Bilder: Winterfest / Erika Mayer

 

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