Ziemlich viel Herz für Tiere
LANDESTHEATER / DR. DOLITTLE
11/12/17 Der Publikumserfolg ist garantiert. Ein echter Hund kommt vor. Und es ist wirklich ein wunderschöner Hund. Ein Bild von einem Hund. Und auch die menschengeführte Hundepuppe ist nett: Sie springt so fröhlich treu, als schlüge ein echtes Hundeherz unter dem weißen Plüsch.
Von Heidemarie Klabacher
Das Musical „Dr. Dolittle“ hat als deutschsprachige Erstaufführung im Landestheater Premiere gefeiert mit vielen bunten Vertreterinnen und Vertretern aus Gottes Plüsch-Tiergarten. Sowas kommt immer gut an. Auch wenn keine Katzen mitspielen, nicht einmal zugespielte Katzenfotos aus dem Internet. Letzteres war im Viktorianischen Zeitalter noch nicht erfunden und auch im Biedermeier nicht. Und viktorianischer oder biedermeierlicher geht es nicht. Der Verdacht drängt sich auf, dass Katzen deswegen diskriminiert werden, weil sie unverbesserliche Fleischfresser sind, und am Ende des Stücks bricht ja eine Art vegane Revolution für Tierrechte aus: Da sind alle lieb und nett zueinander und dagegen, dass man einander auffrisst.
„Erst 1998 wurde Leslie Bricusses (*1931) Bühnenversion des Musicals ‚Doctor Dolittle‘ in London uraufgeführt. Sie basiert auf dem gleichnamigen Musicalfilm von 1967, der die Doctor Dolittle-Geschichten des englischen Schriftstellers Hugh Lofting aus den 1920er Jahren wieder populär gemacht hatte. Vor allem die Neuverfilmungen von 1998 und 2001 mit Eddie Murphy wurden Kult bei der jüngeren Generation“, erklärt das Landestheater.
Dr. Dolittle hat von seinem Papagei zahllose Tiersprachen gelernt. Diese Papageien-Puppe Polynesia wird von einer vornehmen Dame geführt, was wohl Würde und Autorität des 199 Jahre alten Tieres veranschaulichen soll. Die Stimme Polynesias krächzt vom Band. Uwe Kröger, als Star oder Zugpferd (wir freuen uns über diese passenden Metaphern aus dem Tierreich) eingekauft, gibt den Dr. Dolittle live. Timbre oder Stimmsitz, also auch nur über wenige Töne bruchlos geführte Linien, sind seine Sache nicht. Dafür zankt er temperamentvoll mit der Nichte des Richters, der ihn wegen Mordes verurteilen will und wenigstens eine Einweisung ins Irrenhaus erreicht: Immerhin redet dieser Dolittle mit Tieren. Natürlich wird er befreit. Geht ganz gut mit Tauben, so ein Ausbruch.
Das alles wird von Andreas Gergen geruhsam Bild für Bild auf die Bühne gebracht: Gerichts-Szene und Episoden aus dem Leben des Doktors wechseln einander im Bühnenbild von Christian Floeren in schier unendlicher Folge ab. Ohne mit Witz oder gar Ironie zu verstören, wird dem Erwachsenen-Publikum (die Produktion wird nicht auf der Programmschiene „Junges Land“ geführt!) ein Märchenstoff recht gründlich vorgekaut.
Robin Davis, neuer Erster Kapellmeister am Salzburger Landestheater, dirigiert das Mozarteumorchester mit Elan bei enormer Lautstärke. Das sängerische Niveau am Landestheater ist üblicherweise ein anderes. Bemühen um Textverständlichkeit und mit solider Technik grundsätzlich beherrschte Stimmen muss man sonst nicht entbehren. Aber was soll das Gebelfer. Die Leute sind gut zu Tieren. Wie sie singen, sollte da echt kein Thema sein. Nur Elliott Carlton Hines als Zirkusdirektor Albert Blossom schlägt aus der Art: Er singt seine kleine Partie, wie man es von einem Sänger erwartet – mit Stimmsitz und Klang und Timbre und was halt so dazugehört.
Bilder: Landestheater/Anna-Maria Löffelberger
Aufführungen bis 15. Juni 2018 - www.salzburger-landestheater.at