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Luna, lena lino, lana

LANDESTHEATER / IL MONDO DELLA LUNA

21/09/15 Bleibt für den von der Hobbyastronomie und der Sorge um die Tugendhaftigkeit seiner beiden Töchter eingenommenen Herrn Bonafede am Ende bloß der ferngesteuerte Mülleimer mit den zwei leuchtenden Augen und dem Blaulicht als Mondgespielin? Kurze Zeit sieht es danach aus.

Von Reinhard Kriechbaum

Keinen schlechten Spaß hält das Salzburger Landestheater zum Saisonauftakt mit Haydns Spieloper „Il mondo della luna“ bereit. Andreas Gergen hat die 1777 anlässlich einer Hochzeit im Hause Esterházy entstandene Oper überarbeiten lassen: Gesprochene deutsche Dialoge anstatt der Rezitative verbinden nun die italienischen Arien und Ensembles. Die Geschichte vom Herrn Leichtgläubig – das heißt Bonafede übersetzt – und seiner Begierde, auf den Mond zu kommen, ist näher gerückt: in die Zeit der Blumenkinder, der kiffenden Achtundsechziger. Mit solchen lebenslustigen Studenten können sich zwar Bonafedes Töchter und seine junge Haushälterin (auf die er selbst ein Auge geworfen hat) bestens anfreunden. Der Herr Papa denkt verständlicherweise anders darüber. Also spielt man mit ihm Komödie, entführt den unter Drogen gesetzten Hobbyastronomen kurzerhand „auf den Mond“. Dort wird er es selbst sein, der den im Stil von „Raumschiff Enterprise“ und als Sternenkrieger verkleideten jungen Herren seine Töchter anvertraut...

Gerade, weil es so viel Urkomisches von der Szene zu beschreiben gibt, zuerst zwei Ohren auf die Musik: Da zeigt die Musikdirektorin des Landestheaters, Mirga Gražinytė-Tyla, dass Haydns Mutterwitz so recht auch der ihre ist. Hat man das Mozarteumorchester an diesem Ort mit gefürchteter, weil staubtrockener Akustik eigentlich schon mal so knackig musizieren hören? Da zeigt das Orchester, was es technisch drauf hat, und die stilsichere Dirigentin sorgt dafür, dass nicht bloß das Deftige zu seinem Recht kommt.

Es stecken ja auch klangfeine Dinge zuhauf in dieser Partitur, kleine Bläser-Concertanten, aber auch Arien, solche, in denen die Sänger plötzlich über Strecken allein bleiben mit dem Continuo (Harfe!) und sich das Orchester auf Ritornelle zurückzieht. Bemerkenswert, dass die pralle Komödiantik der Musik nie entgegen steht. Es bleibt immer auch so viel Ruhe, dass man Haydns pikante Erfindungen, die mit viel Liebe herausgearbeitet sind, gebührend wahr nimmt.

„Il mondo della luna“ ist keine „Tenor-Oper“.

Zwei Kavaliers-Baritone haben das Sagen. Die Gegenspieler sind Bonafede (Sergio Foresti) und der sich als Astronom und Mondfahrer ausgebende Ecclitico (Maximilian Krummen). Bonafede ist der leichtgläubige Vater, der in seinem Hobby so sehr aufgeht, dass er schier alles, was ihm vorgegaukelt wird, für bare Münze nimmt. Ein alter Röhrenfernseher ersetzt das Fernrohr konventioneller Inszenierungen. Die Achtundsechziger sind ihrer Zeit, was die Livekamera angeht, ihrer Zeit eine Spur voraus. Sergio Foresti hängt stimmlich keineswegs den komischen Alten raus, er gestaltet seine Rolle mit viel Charme und sehr differenziert auch im lyrischen. Maximilian Krummen als Ecclittico hat natürlich auch gute Karten, seine Stimme leuchtet gelegentlich fast tenoral. Heiratskandidat zwei ist Ernesto (Simon Schnorr), und der dritte im Bunde der Jungfreunde ist Cecco. In diesem Hippie, der auf dem imaginären Mond als Riesenkrake auftritt, Franz Supper zu erkennen, ist gar nicht so leicht.

Allerlei virtuoses Koloraturenwerk geht den Sopranistinnen von der Kehle: Laura Nicolescu und Tamara Ivaniš sind Bonafedes Töchter Clarice und Flaminia. Die Mezzosopranistin Rowan Hellier bringt als Haushälterin Lisetta ebenfalls viel Charme ein. Mit den Dreien lässt sich's auf dem Mond wohl gut sein. Eine handverlesene Sängerschar also, ein jeder und eine jede mit liebenswürdigem Charisma. Als Scolari sind zwei Mitglieder des Gerard-Mortier-Operninstituts am Landestheater, Elliott Carlton Hines und Raimundas Juzuitis, am Werk.

Cineasten kommen aus dem Lachen vermutlich nicht heraus. Klar fast, dass einer der Scolari mit Ohren à la Mister Spock daher kommt. Der Mülleimer-Roboter ist wohl die Studentenbuden-Version von R2-D2. „Der Swimmingpool“ ist da, und so weiter und so fort. Kostümbildnerin Regina Schill und Bühnenbildner Stephen Prattes haben sich lustvoll und ironisch durch die Retro-Welt der Science Fiction gearbeitet. Einer der metallfarbenen Mondbewohner hat artistisch allerhand anzubieten. Sein Tanz im und am Einkaufswagerl ist eine Bravourszene von David Pereira Nieto. Alexander Korobko hat die Choreographie gemacht.

Mit Raumschiff Enterprise, Star Wars und den Yedi-Rittern also hinein in die neue Opernspielzeit. Da hat man gleich zum Auftakt einen Talon aus der Tasche gezogen.

Aufführungen bis 27. Dezember – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Anna-Maria Löffelberger

 

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